Watergates Schatten

Anhörung von Ex-FBI-Chef Comey gefährlich für Trump

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Auftritt von James Comey am heutigen Donnerstag im Geheimdienstausschuss des Senats sprengt augenscheinlich den Rahmen des Alltäglichen. Wie »Shaw's Tavern« wollen gleich mehrere Bars in Washington wegen der Anhörung des geschassten FBI-Chefs extra früher öffnen und laden zum Public Viewing ein. Kein Wunder. Macht doch Jackson Janes, der Direktor des American Institue für Contemporary German Studies an der Washingtoner John Hopkins University, schon einen »Schatten von Watergate« aus - jener Affäre vor über vier Jahrzehnten, die den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon schließlich das Amt kostete. Er musste zurücktreten. Für James Clapper, u.a. Geheimdienstkoordinator unter Ex-Präsident Barack Obama, »verblasst« der berühmte Abhörskandal sogar im Vergleich zu den heutigen Vorgängen.

In der Tat könnte die mehrstündige Kongressanhörung des von Donald Trump vor vier Wochen gefeuerten Direktors der Bundespolizei für den Präsidenten kreuzgefährlich werden. Steht hinter Comeys Rauswurf doch die Frage, ob sich das Weiße Haus unzulässig in die FBI-Ermittlungen zur illegalen Moskau-Connection des republikanischen Wahlkampfteams eingemischt habe. Ein Verdacht, den Trump auch selbst schürte, als er diese Untersuchung dezidiert als einen der Gründe für die Entlassung nannte. US-Medien berichten zudem, dass der Präsident nicht nur direkten Druck auf Comey ausgeübt, sondern auch ranghohe Schlapphüte wie den Nationalen Geheimdienstdirektor Daniel Coats und CIA-Chef Mike Pompeo dazu gedrängt haben soll. Sein Ziel: Einstellung der Ermittlungen gegen seinen unterdessen entlassenen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn.

Darüber soll es auch Streit mit Justizminister Jeff Sessions gegeben haben. Laut Informationen des Nachrichtensendes ABC News habe der lange Zeit treue politische Wegbegleiter Trumps deshalb mindestens einmal seinen Rücktritt angeboten. Sessions wiederum muss inzwischen die Finger von den Russland-Ermittlungen lassen, weil er sich selbst »undokumentiert« mit Moskaus US-Botschafter Sergej Kisljak getroffen hat. Als Sonderermittler in der Affäre agiert nun Comeys Vorgänger Robert Mueller. Sein Nachfolger als FBI-Chef soll Christopher A. Wray werden, wie Trump am Mittwoch über Twitter bekannt gab. Er ist Anwalt und arbeitete unter George W. Bush im Justizministeriums. Der Chef der Bundespolizei wird vom Präsidenten ernannt und muss vom Senat nur mit einfacher Mehrheit bestätigt werden.

Während Comey nach CNN-Kenntnis regelrecht »erpicht« darauf sei, von seinen »angespannten Interaktionen« mit dem Präsidenten zu berichten, darf der »Angeber« und »Wichtigtuer« (O-Ton Trump) jedoch nichts aussagen, was den eigentlichen FBI-Ermittlungen schaden könnte. Sollte es an spektakulären Enthüllungen fehlen, bliebe den Barbesuchern ja noch das Spiel, das sich die »Washington Post« ausgedacht hat: Jedes Mal, wenn der Name Putin fällt, muss ein Glas Wodka getrunken werden - mit nur fünf Dollar an diesem Donnerstag für Washington besonders günstig.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -