Ein Paukenschlag aus Ankara

Türkisches Parlament beschließt Truppenstationierung in Katar / Kehrtwendung von Trump

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die großen NATO-Staaten, vor allem die USA, hinterlassen in der Katar-Frage noch immer einen konzeptions- und damit hilflosen Eindruck. Ein anderer Spieler auf der mittelöstlichen Bühne dagegen handelt: Das ist Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei.

Sein Vorteil ist es, das er in der parlamentarischen Vertretung der Türkischen Republik nicht lange um Unterstützung für ein so schwerwiegendes Vorhaben ersuchen muss, wie es die Entsendung von Truppen in einen nicht verbündeten Staat darstellt. Erdogan erklärte, und die Große Nationalversammlung stimmte umgehend zu; so geschehen am Mittwochabend in Ankara. Da hat das türkische Parlament die Stationierung von Truppen in Katar beschlossen. Die Abgeordneten hatten zuvor im Eiltempo ein Verteidigungsabkommen mit dem Emirat gebilligt. Aber Erdogan hätte sie genau genommen nicht einmal fragen müssen, regiert er doch unter Bedingungen des Ausnahmezustandes, die ihm nahezu uneingeschränkte Vollmachten einräumen. Aber wenn er ein handzahmes Parlament hat, wie es das türkische derzeit darstellt, warum sollte er dann auf einen politisch sauberen Beschluss verzichten?

Angaben zur konkreten Zahl der zu stationierenden Soldaten oder zum Zeitpunkt der Entsendung sind laut AFP in dem erwähnten Abkommen nicht enthalten. Auch die Mühe, der Öffentlichkeit eine entsprechende Bitte von Emir Scheich Tamim bin Hamad al-Thani um türkische Hilfe zu präsentieren, glaubte man sich in Ankara nicht machen zu müssen.

Von Vorteil ist, dass die Türkei bereits über eine Militärbasis in Katar verfügt. Dort sind aber derzeit gerade einmal 80 Soldaten stationiert, eine mehr symbolische Militärpräsenz. Aber dabei soll es ja nun nicht bleiben. Zum Vergleich: Die USA unterhalten in Katar mit 10.000 Soldaten ihr größtes Truppenkontingent in der Region. Katar hat übrigens bei 300.000 Staatsbürgern knapp 12.000 Männer unter Waffen. Ein geringer Teil davon ist derzeit zum Auslandseinsatz abkommandiert, ausgerechnet zur Unterstützung des saudi-arabischen Krieges in Jemen.

Letztere dürfte sich nun erledigt haben, zumal sich Riad unerbittlich zeigt, angefeuert von den willfährigen Monarchen aus Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort wurden jetzt für öffentliche verbale Unterstützung Katars Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren angedroht.

Dass Saudi-Arabien weiter einen umfassenden Kotau des Emirs fordert und keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen lässt, geschieht zum wachsenden Verdruss der US-Amerikaner. Deren Präsident hat inzwischen eine weitere politische Pirouette absolviert. Donald Trump möchte, nachdem er noch am Dienstag Saudi-Arabien für sein Vorgehen gegen den »Terrorunterstützer« Katar lobte, nun als Vermittler zwischen beiden auftreten. Wenn nötig, könne ein Treffen der Konfliktparteien im Weißen Haus organisiert werden, hieß es - unter seiner Federführung? Trumps außenpolitischem Beraterstab dürfte beim Gedanken daran jetzt schon mulmig zumute sein.

Eine tatsächliche Vermittlermission übt, wie angekündigt, Kuwait bereits aus, mit einer Pendelmission zwischen Doha und Riad. Auch sonst herrscht an Expertenrat international kein Mangel, wobei der Tenor dahin geht, Saudi-Arabien und die USA zu ein wenig mehr Realismus zu bewegen. AFP zitiert exemplarisch Farhad Resai vom Zentrum für Iranstudien in der Türkei. Der Regionalwissenschaftler kommt zu dem Schluss, dass Katar dafür bestraft werde, nicht Saudi-Arabiens Obsession hinsichtlich Iran zu teilen. Zwar würden auch andere arabische Staaten das Verhältnis zu Teheran »nuancierter« sehen, doch habe allein Katar dank seiner (weltgrößten) Gasreserven und seiner militärischen Verbindungen zu den USA auch die Mittel, dem Druck Riads zu widerstehen.

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