Rausgeflogen
Personalie
Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs sind deutsche Kommunalpolitiker - egal, welcher Partei sie angehören - reihenweise politisch angeeckt. Weil sie sich oft mit ganz drängenden Problemen konfrontiert gesehen haben, die sie irgendwie sehr schnell bewältigen mussten. Und dabei für große, politische Wertedebatten keine Zeit blieb. Die Folge, eben: Manches, was da getan oder auch nur gesagt wurde, hat zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Eine davon hatte Andreas Bausewein losgetreten. Nun, viele Monate nachdem diese Debatte begonnen hatte und dann schnell wieder erledigt war, hat sie ihn eingeholt.
Bausewein - Oberbürgermeister von Erfurt und im Ehrenamt Landesvorsitzender der Thüringer SPD - hatte im Sommer 2015 vorgeschlagen, die Kinder von Flüchtlingsfamilien solange nicht zu unterrichten, bis über deren Asylantrag entschieden worden ist. »Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ohne Aufenthaltsstatus ist sehr hoch«, hatte Bausewein damals in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow unter anderem geschrieben. »Die Kapazitäten der Schulen sind ausgereizt.«
Die Kritik war damals ebenso heftig: Bausewein, hieß es nicht nur in seiner eigenen Partei, wolle das grundlegende Recht von Kindern auf Bildung aushebeln. Aber: Nach ein paar Tagen war die große Aufregung vorbei. Und nun das: Weil er damals diesen Vorstoß unternahm, hat der Thüringer Flüchtlingsrat Bausewein nun rausgeworfen. Der habe sich mit seinen Äußerungen »elementaren Vereinsinteressen« entgegengestellt, heißt es laut einem Bericht des »Spiegel« in einem Protokoll des Flüchtlingsrats zu der Sache.
Bausewein jedoch keilt zurück - umso härter, weil er sich offenbar als Kommunalpolitiker angegriffen fühlt, was er in den vergangenen Jahren aus ganzem Herzen war. Die Erfurter Flüchtlingspolitik sei sehr gut gewesen, erklärt er nun. Eine Flüchtlingspolitik, zu der es viele schwierige Gespräche auf Einwohnerversammlungen gegeben habe, an denen er, nicht aber der Flüchtlingsrat teilgenommen habe.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.