Germany’s Next Top Expansion

Der Discounter Lidl strebt in die USA - Heidi Klum soll als Zugpferd dienen

  • Hannes Breustedt, Arlington
  • Lesedauer: 3 Min.

Erzrivale Aldi ist schon dort, nun greift Lidl in den USA an. Mit Starthilfe von Supermodel Heidi Klum, die eine eigene Modekollektion exklusiv beim deutschen Discounter anbieten wird, soll der US-Markt erobert werden. Für die schwächelnden und unter der Konkurrenz durch Onlinehändler wie Amazon ächzenden US-Shopping-Größen wie Walmart oder Kroger keine gute Nachricht.

Lidls Amerika-Chef Brendan Proctor bereitet seit zwei Jahren die Expansion vor. Er brennt darauf, dass es losgeht: »Wir können es nicht erwarten, unsere ersten US-Geschäfte zu eröffnen.« Am Donnerstag war es soweit: In Virginia sowie in North und South Carolina lud der Discounter zur feierlichen Einweihung seiner ersten neun US-Filialen. In diesem Sommer sollen in den drei US-Bundesstaaten 20 Geschäfte eröffnen. Innerhalb eines Jahres sollen 100 weitere entlang der Ostküste folgen.

Lidl drückt aufs Tempo. Zwar schlug das Unternehmen bereits 2015 sein Amerika-Hauptquartier in Arlington, Virginia, auf, doch eigentlich sollte der Vorstoß in den US-Markt erst 2018 erfolgen. »Dank der effizienten Arbeit unseres Teams liegen wir vor dem Zeitplan«, sagt Proctor. Der 42-Jährige, der zuvor Lidls Geschäfte in Österreich und dann in Irland führte, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um große Versprechen geht.

Mit frischgebackenem Brot, »nachhaltigen« und frischen Produkten wie Fisch und einer großen Weinauswahl setzt Proctor auf eine Marktstrategie, die man in den USA eher bei gehobeneren Lebensmittelhändlern findet. Doch Lidls zentrales Verkaufsargument bleibt natürlich das, womit es der Konzern schaffte, innerhalb von 40 Jahren zu einem der weltgrößten Einzelhändler mit über 10 000 Filialen in 27 Ländern zu werden: Tiefstpreise.

Die zur Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm gehörende Kette setzt auf das Discounterkonzept, einen deutschen Exportschlager, mit dem auch Aldi Erfolge feierte. Im Vergleich zur US-Konkurrenz, die häufig enorme Produktauswahl auf riesiger Ladenfläche bündelt, bietet Lidl ein übersichtlicheres Sortiment. »Weniger Komplexität« gibt Proctor vor. »Wer braucht 50 Sorten Ketchup? Das können wir vereinfachen«, sagte der Manager jüngst der »Washington Post«.

Der Siegeszug der Discounter hat den globalen Lebensmittelhandel umgekrempelt. Früher seien Ketten wie Aldi und Lidl Nischenanbieter gewesen, die es zusammen auf 10 bis 20 Prozent Marktanteil brachten, heißt es in einer Studie der Wirtschaftsberatung Boston Consulting Group. Heute hätten sie sich jedoch für viele Kunden zu einer Alternative zum klassischen Supermarkt entwickelt. In vielen Regionen der Welt dürften Discounter bald mehr als die Hälfte des Lebensmittelmarktes bestreiten.

Für die US-Branchenschwergewichte, allen voran Marktführer Walmart mit einem Jahresumsatz von 486 Milliarden Dollar, kommt der neue Wettbewerber ungelegen. Denn die Geschäfte leiden unter der Konkurrenz aus dem Internet, insbesondere unter dem kometenhaften Aufstieg des Onlinehändlers Amazon, der zunehmend in den Lebensmittelhandel vordringt. Verglichen mit den nagelneuen Filialen von Lidl sehen Walmarts Shopping-Center zudem richtig alt aus.

Allerdings ist nicht jeder überzeugt, dass Lidl das Zeug hat, den US-Markt aufzurollen. Die Investmentbank Sanford C. Bernstein verweist auf den scharfen Wettbewerb in den USA, wo es neben Walmart und etlichen Supermarktketten ein riesiges Netz an »Dollar-Stores« gibt, die sich mit Kampfpreisen unterbieten. Deshalb habe Aldi trotz über 40-jähriger US-Präsenz bislang nur etwa ein Prozent Marktanteil erreicht.

Aldi ist seit 1976 in den USA vertreten und kündigte diese Woche an, in den nächsten fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Dollar (4,7 Milliarden Euro) in sein US-Geschäft stecken und das Filialnetz bis Ende 2022 auf rund 2500 Läden auszubauen. Damit würde der Discounter nach eigenen Angaben - gemessen an der Zahl der Geschäfte - zur drittgrößten Lebensmittelkette in den USA.

Bei Lidl hat man allerdings noch einen Trumpf in der Hinterhand, um die US-Kunden zu locken: Im Laufe des Jahres kommt Heidi Klums Modelinie exklusiv in die Läden. Das könnte sich als cleverer Schachzug erweisen - denn das deutsche Model mit US-Staatsbürgerschaft zählt in Amerika zu den Superstars. dpa/nd

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