- Wirtschaft und Umwelt
- Generalstreik
Kräftemessen in Portugal
Gewerkschaften rufen zu Generalstreik gegen neoliberale Arbeitsmarktreform
Mit dem »Großen Streik« im Oktober und einer Großdemonstration am vergangenen Samstag hatten die Gewerkschaften der Mitte-rechts-Regierung schon zwei gelbe Karten gezeigt. Nun kommt es am Donnerstag zum ersten Generalstreik seit zwölf Jahren.
Die beiden großen Gewerkschaftsverbände CGTP und UGT protestieren gegen die neoliberale Agenda. Sie kritisieren vor allem die geplante Arbeitsmarktreform, die den Kündigungsschutz weiter aufweichen soll. Es handele sich um »einen der größten Angriffe, die sich jemals gegen Beschäftigte« gerichtet hätten, erklärt CGTP-Generalsekretär Tiago Oliveira. »Wenn die Reform umgesetzt wird, wäre das ein echter Rückschlag im Leben für alle«, fügte er an. Die Minderheitsregierung unter Luís Montenegro wolle Unternehmen neue Vorteile auf dem Rücken von Geringverdienern verschaffen, erklärte er auf der Demonstration am Samstag in Lissabon.
Tatsächlich hat es der im Juli verabschiedete Gesetzentwurf »Trabalho XXI« in sich. Er sieht über 100 Änderungen des Arbeitsgesetzbuches vor. Neben der Aufweichung des Kündigungsschutzes sollen Arbeitsbereiche einfacher ausgelagert und Arbeitszeiten flexibilisiert werden können. Auch das Streikrecht und der Elternschutz sollen beschnitten werden. So soll unter anderem die Zeit eingeschränkt werden, in der stillende Frauen flexible Arbeitszeiten beantragen können. Laut Montenegro ist das Ziel, das Gesetz »an die aktuellen Anforderungen unserer Wirtschaft, an die Funktionsweise unserer Wirtschaft, an die Robustheit unserer Wirtschaft und an die Funktionsweise unserer Unternehmen anzupassen«.
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Nach der großen Streikbeteiligung im Oktober und etwa 100 000 Demonstranten in Lissabon ist mit massiven Beeinträchtigungen durch den Generalstreik zu rechnen. Das hat auch damit zu tun, dass sich viele kleine Gewerkschaften dem Aufruf angeschlossen haben. Dazu gehören unter anderem die der Hochschullehrer, der Rettungssanitäter, der Versicherungsangestellten, der Bankangestellten oder der Dachverband der Gewerkschaften der öffentlichen Verwaltung, in dem allein 45 Gewerkschaften zusammengeschlossen sind.
Die Regierung zeigt sich bisher zu keinen Zugeständnissen bereit. Montenegro spricht seinen Wählern ab, einen Streikgrund zu haben: »Warum ein Generalstreik? Was wollen sie fordern?« Den Protestierenden geht es zum Beispiel um eine Erhöhung der Gehälter um 15 Prozent. So sollen die Kaufkraftverluste der Inflationsjahre ausgeglichen werden.
Die Kritik der Gewerkschaften richtete sich auch gegen die Sozialistische Partei (PS). Durch deren Enthaltung konnte die Minderheitsregierung den Haushalt beschließen, deutliche Gehaltserhöhungen wurden dadurch unmöglich gemacht. Doch nun kritisiert auch deren Generalsekretär José Luís Carneiro die »Tragweite« der Arbeitsmarktreform. Die PS war in den Jahren der absoluten Mehrheit von 2022 bis 2024 selbst auf einen neoliberalen Kurs umgeschwenkt. Das hatte zu ihrer Abwahl beigetragen.
Jetzt meint Carneiro, Montenegro nehme »eine Abrechnung« mit ihrer »Agenda für eine menschenwürdige Arbeit« vor. Er kritisiert, dass es nun »unbegründete Entlassungen«, eine »Prekarisierung der jüngeren Generation« und eine »Entkriminalisierung von Schwarzarbeit« geben soll, mit der viele Beschäftigte »in die informelle Wirtschaft getrieben« würden. Die PS kann die Reform nach ihrer Kritik daran nicht wie den Haushalt abnicken. Damit ist Montenegro auf die rechtsradikale Chega-Partei angewiesen, die nun mit 18 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft im Land ist.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.