Vater, Mutter, Kind, Rehkitz
Thomas Blum über den eskalierenden Streit in der Familie Helmut Kohls
Wir erinnern uns: an die Hochglanzwahlplakate, auf denen zu sehen ist, wie die Kleinfamilie (Vater, Mutter, Kinder, Hund), von der goldenen Herbstsonne beschienen, einträchtig den deutschen Wald durchwandert. An die Bilder der CDU-Kandidaten, die ihren süßen Fratz auf den Schultern tragen, während auf dem Gesicht der danebenstehenden Ehefrau ein dankbares Lächeln erstrahlt. An die Kitschbilder, die Hannelore, Helmut und die Buben im Oggersheimschen Idyll zeigen. An die Urlaubsszenen vom Wolfgangssee, auf denen der heiligen Familie auch mal ein possierliches Rehkitz oder ein deutscher Schäferhund beigegeben war. Beschworen wurde und wird von der CDU/CSU seit je ein Familienbild, das aus der wilhelminischen Ära stammt. »Familie wählen!« »Familien stärken!« Dabei war im Stillen immer mitformuliert, dass abweichende Lebensmodelle (Kinderlose, Homosexuelle, Kollektive, Alleinstehende usw.) als ebenso instabil wie unmoralisch, praktisch also als irgendwie abnorm gälten und dem lieben Gott kein Wohlgefallen seien. Streit, Zwietracht, Hass, Intrigen, Lieblosigkeit, so etwas war in den perfekten CDU-Familien undenkbar, so etwas gab es nur in den Wohngemeinschaften der ungewaschenen Lang- und Kurzhaarigen. Was aus der harmonischen Kleinfamilie Kohl geworden ist, kann man zurzeit aus den Medien erfahren.
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