Handelskonzepte neu gedacht

Der Linkspolitiker Helmut Scholz hat eine Flugschrift zu alternativer Handelspolitik herausgegeben

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

TTIP, CETA, TiSa - lange nicht haben sich so viele Menschen gegen Freihandelsabkommen positioniert wie in den vergangenen Jahren. Selbst Barack Obamas Botschafter soll in kleiner Runde eingestanden haben, den Kampf um die öffentliche Meinung habe man bei TTIP verloren. Zu einem Umdenken bei den Verhandlungspartnern habe das allerdings nicht geführt, sondern nur zu kritischem Nachdenken über die »Verkaufsstrategie«. So schreibt es Helmut Scholz in der von ihm herausgegebenen Flugschrift »Handel(n) von links - Alternativen zur Handelspolitik der Europäischen Union«.

Auf knapp 100 Seiten skizzieren die Autoren aktuelle Tendenzen im Welthandel, ordnen das Verhalten der Akteure ein und machen Handelspolitik damit leicht verständlich und transparenter. In verschiedenen Themenkomplexen wie Ernährung und Landwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Beschäftigung und Wachstum zeigt etwa Bernd Schneider auf, warum Linke »gegen diese neoliberalen Megaprojekte ›Kante zeigen‹« müssen. In der Analyse nicht überraschend, widmet sich das Büchlein allerdings auch den Fragen: Wie könnte ein Umdenken aussehen? Was macht eine linke Handelspolitik aus? Rot-Rot-Grüne Antworten geben die Europaabgeordnete der Grünen, Ska Keller, ihr Parlamentskollege von der SPD, Joachim Schuster, und der LINKE-Politiker Scholz. Ergänzt werden die Beiträge durch ein ausführliches Interview mit der TTIP-Kritikerin Pia Eberhardt.

Während Keller davon spricht, dass die Voraussetzungen für eine Neuausrichtung der EU-Handelspolitik mit echten Veränderungen im Bestehenden nie besser waren, fordert Schuster eine »umfassende Neuordnung«. Eine fortschrittliche Handelsstrategie müsse an ihren Beginn einen Paradigmenwechsel setzen. »Sie darf nicht in den Fehler verfallen, den alten regelgebundenen Multilateralismus der WTO zu beschwören, nur weil der neue US-Präsident diesen offen in Frage stellt.«

Allerdings konstatiert Scholz in seinem Beitrag »wenig Bereitschaft, wirklich etwas zu verändern«. Er fordert die Stärkung fairer Handelsbeziehungen und eine »weitgehende Reform der internationalen Handelsbeziehungen, einschließlich einer Demokratisierung der WTO«. Der LINKE-Europaabgeordnete lehnt diese Organisation nicht pauschal ab, sondern sich für ihren grundlegenden Umbau aus. Die Linke habe die WTO als Instrument zur Durchsetzung des neoliberal definierten Freihandels zu Recht abgelehnt. In der heutigen Zeit sei sie aber aufgerufen, »existierende internationale Strukturen nicht einfach abzulehnen«, sondern ihre Kritik mit glaubhaften und realisierbaren Vorschlägen zu verbinden sowie in einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, wie fairer Handel aussehen soll, einzubringen. Dies dürfte nicht losgelöst von Bereichen wie Energie- oder Arbeitsmarktpolitik vonstatten gehen und müsse Diskussionen innerhalb der unterschiedlichen UN-Organisationen einschließen.

Daneben beziehen sich die Autor-Innen auf ein von 50 zivilgesellschaftlichen Gruppen herausgegebenes Alternatives Handelsmandat, in dem in erster Linie Forderungen an die EU gestellt werden - etwa die Unterstützung regionaler Märkte und Abkehr von internationalen Handelsabkommen oder von einer Rohstoffpolitik, die Menschenrechtsverletzungen befördert. Woher jedoch die Bereitschaft der EU-Staaten kommen soll, ihre bisherige Politik grundlegend zu verändern, dazu schweigt sich auch dieser Band aus. Zur Umsetzung der Vorschläge bräuchte es tatsächlich ein ganz anderes Europa.

Helmut Scholz (Hrsg.): Handel(n) von links - Alternativen zur Handelspolitik der Europäischen Union, VSA-Verlag, Hamburg, 2017, 120 S., 9,80 Euro.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal