Tayyip der Trickreiche

Velten Schäfer über das jüngste Manöver von Präsident Erdogan

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Vergessen Sie »Feiercops« samt »Linkschaoten«: Der G20-Gipfel hat einen neuen Aufreger. Recep Tayyip Erdogan will ihn für einen öffentlichen Auftritt nutzen. Damit brüskiert er Berlin: Denn dort hat man sich festgelegt, das nicht zu erlauben. Bisher insistiert der Präsident. Und was wollte man tun, wenn er dabei bliebe? Ihn im Hotel festhalten?

Erdogan hat keine Wahl mehr zu gewinnen. Er demonstriert bloß seine Macht. Die EU braucht seine Küstenwache gegen die syrische Fluchtmigration. Die NATO braucht ihn als Flugzeugträger im Nahen Osten. Aus verwandten Gründen hofiert ihn aber auch Moskau. So kann er ungestraft westliche Journalisten einsperren und kommt selbst mit dem Abschuss eines russischen Jets recht billig davon. Das mache dem Trickreichen einer nach.

Längst nutzt Erdogan die NATO für seine eigene Großmachtpolitik. Die Drohung mit dem »Bündnisfall« macht ihn unangreifbar, doch ordnet er sich dem Westen nicht länger unter. Ins Bild passt sein Ausscheren aus der Front der prowestlichen Golfdiktaturen gegen das iranfreundliche Katar: Nicht Riad, nicht Teheran, sondern Ankara als muslimische Vormacht!

Nötig wäre eine offene Diskussion darüber, ob das wünschenswert ist. Eindämmen ließe sich Erdogan durch eine Restabilisierung in Damaskus. Dann herrschte wieder ein Patt im Kampf um die Führung im arabisch-islamischen Raum. Und Erdogan hätte weniger Handhabe, Merkel derart vorzuführen.

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