Wandern für mehr Wachstum

In Thüringen findet der 117. Deutsche Wandertag statt. Wirtschaftsminister Tiefensee freut sich

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Vorstellung, dass dieser Wandertag möglicherweise zum falschen Zeitpunkt in den Freistaat kommt, weisen sowohl Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf als auch Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee entschieden zurück. Ja, der Tourismus im Freistaat habe seine Probleme, räumte Tiefensee am Donnerstag in Erfurt ein, Probleme, die das Land mit einer langfristig angelegten Qualitätsoffensive beheben will. Das könne aber noch lange kein Grund sein, sich nicht über den 117. Deutschen Wandertag zu freuen, der vom 26. bis 31. Juli in Eisenach stattfinden wird.

In den kommenden Jahren stünden, so Tiefensee, in Thüringen eine Reihen von weiteren Großveranstaltungen an, die man ebenso wenig absagen könne, nur weil es beispielsweise bei der Qualität von vielen Hotels und Pensionen im Freistaat noch Verbesserungspotenzial gebe.

Wolfs Ansicht nach müsse das Thema noch aus einer anderen Perspektive betrachtet werden: In der Wartburgregion gebe es viele der Schwierigkeiten nicht, die immer wieder von Besuchern beispielsweise des Thüringer Waldes bemängelt werden. »Wir reden über Eisenach und die Wartburgregion, wir sind da anders aufgestellt«, sagte die Eisenacher Oberbürgermeisterin. Es gebe dort zum Beispiel keinen Mangel an Vier-Sterne-Hotels und Klagen über die Unfreundlichkeit der Gastgeber habe es in der Region auch seit Langem nicht mehr gegeben, so Wolf.

Auch deshalb betonen sowohl Tiefensee als auch Wolf die Chance, die der kommende Deutsche Wandertag nicht nur für Eisenach und die Region sei, sondern für den gesamten Freistaat: Zum einen, weil etwa 30 000 Wanderer aus ganz Deutschland zu diesem Event erwarten würden. Zum anderen, weil die Region anderen Regionen im Land exemplarisch zeigen könne, wie die Menschen und Unternehmen von derartigen Großveranstaltungen profitieren können.

Allerdings wurde eine ähnliche Hoffnung bislang nicht erfüllt: Der Thüringer Wirtschaftsminister verspricht sich vom erfolgreichen Fremdenverkehr der beliebten Wintersportregion um Oberhof seit Jahren eine Breitenwirkung für die gesamte südthüringische Region - vergeblich allerdings. Menschen, die ein paar Kilometer entfernt von Oberhof im Tourismus arbeiten, klagen seit Jahren, die Strahlkraft Oberhofs reiche nicht bis zu ihnen.

Den Schätzungen über das immense Besucheraufkommen nach, stehen dagegen die Chancen gut, dass vom 117. Deutschen Wandertag tatsächlich nicht nur Eisenach, sondern auch das Umland profitieren wird, zumal die Wanderer ja irgendwo übernachten müssen.

Nach Angaben der Stadtverwaltung Eisenach ist jetzt für den Zeitraum des Wandertages in der Stadt praktisch kein Bett mehr zu bekommen. Die Wanderer hätten deshalb bereits jetzt Hotels, Pensionen und Ferienzimmer in umliegenden Orten bis nach Friedrichroda, Brotterode und Tabarz gebucht; Orte, die nicht unbedingt direkt um die Ecke liegen. Sollten sich größere Wandergruppen noch dazu entschließen, eine oder mehrere der insgesamt 95 angebotenen Wanderrouten zu begehen, würden diese vielleicht sogar eine Unterkunft im Raum Erfurt in Kauf nehmen müssen, heißt es.

Tiefensee rechnet damit, dass bis zu 50 000 Übernachtungen durch diesen Wandertag in Thüringen zusätzlich anfallen. Alles in allem sei durch den Wandertag mit einem zusätzlichen Umsatz von drei Millionen Euro in der Region zu rechnen. Schon diese Summe sei für ihn Anlass genug für einen Appell an alle im Gastgewerbe Tätigen, sie mögen an den bevorstehenden Wandertagen »ein Höchstmaß an Gastfreundlichkeit« zeigen. Wer von ihnen in dieser Zeit schlechte Laune habe, solle die bitte »zu Hause an der Garderobe« hängen lassen.

Zusätzlich setzt Wolf darauf, dass die Regionen durch diesen Wandertag auch innerlich weiter zusammenwachsen. Eine Erwartung, die es auch in Oberhof zum Beispiel regelmäßig bei jedem größeren Sportereignis gibt. Dafür hätten sowohl die Stadt als auch der verantwortliche »Rennsteigverein 1896« viel »Binnenkommunikation« betrieben.

Der stellvertretende Fürsteher des Vereins, Ulrich Böckel, sagt sogar, er hoffe, dass die Zusammenarbeit im thüringisch-hessischen Grenzgebiet durch den Wandertag wieder intensiver werde. Schon beim Ausarbeiten der verschiedenen Wanderrouten hätten sich einige der hessischen Vereine beteiligt. Umso mehr habe es den Wanderfreunden »weh getan«, dass sie Ideen für Touren sogar hätten ablehnen mussten. Es seien einfach zu viele Vorschläge gemacht worden.

Das Programm des Wandertages: www.wandertag-2017.de.

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