Flugblätter über Istanbul, Provokation vor dem Kanzleramt
Türkei legt Beschwerde gegen eine Protestaktion des »Zentrums für politische Schönheit« zum G20-Gipfel ein
Berlin. Die Türkei hat sich bei der Bundesregierung über eine Protestaktion gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan und andere Staatsführer in Berlin beschwert. Die türkische Botschaft in Berlin bezeichnete es am Dienstag in einer Protestnote an das Auswärtige Amt als »inakzeptabel« und »unverständlich«, dass eine derartige »Gewalt verherrlichende Aktion« mit Duldung der Behörden vor dem Kanzleramt stattfinde, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Das Künstlerkollektiv »Zentrum für Politische Schönheit« hatte am Montag vor dem Kanzleramt einen Mercedes und ein Banner mit der Aufschrift aufgestellt: »Willst du dieses Auto? Töte die Diktatur!« Daneben waren die Köpfe von Erdogan, Russlands Präsident Wladimir Putin und dem saudi-arabischen König Salman abgebildet.
Die Aktion war Teil des fiktiven Wettbewerbs »Scholl 2017«. Die umstrittene Aktionskunstgruppe hatte im Juni aufgerufen, ein Flugblatt gegen eine Diktatur zu entwerfen. In dem fiktiven Schülerwettbewerb, der angeblich von der bayerischen Landesregierung organisiert wird, fordert das Künstlerkollektiv um Philipp Ruch Schüler des Freistaats auf, ein Flugblatt gegen eine Diktatur ihrer Wahl zu schreiben und dort zu verteilen.
Vergangene Woche behauptete das Künstlerkollektiv Flugblätter auf dem Istanbuler Gezi-Park verteilt zu haben. Die Gruppe hatte sich dafür in ein Hotel vor Ort eingemietet und mithilfe eines ferngesteuerten Druckers an einem Hotelfenster die Flugblätter auf die Straße gebracht. Die Künstler selbst sollen zu dem Zeitpunkt schon außer Landes gewesen sein.
Auf den Flyern stand laut dem »Zentrum für politische Schönheit« unter anderem »Bekämpft den Rassismus. Stürzt die Diktatur!« und »Wie kann es sein, dass 192 Journalisten unschuldig im Gefängnis sitzen, nur weil sie nicht stumm bleiben konnten?« Abgeschlossen werden die Flugblätter mit der Aussage: »Dieses Flugblatt wurde finanziert aus Mitteln des Freistaates Bayern und der deutschen Bundesregierung.«
Benannt als die »schlimmsten Diktaturen« werden im Rahmen des fiktiven Wettbewerbs »Scholl 2017« China, Eritrea, Nordkorea, Russland, Saudi-Arabien, Sudan, Syrien, die Türkei, Tschetschenien und Usbekistan. Mit dem angeblichen Wettbewerb will die Aktionskunstgruppe an die Geschwister Scholl erinnern, die 1943 an der Universität München Flugblätter gegen die Nationalsozialisten verteilten und dafür hingerichtet wurden.
Wenige Tage vor dem G20-Gipfel in Hamburg, zu dem auch Erdogan und Putin erwartet werden, berichtet die Berliner Künstlergruppe in einer fiktiven Nachrichtensendung von gewaltsamen Aktionen gegen die Regierungsvertreter. »Die Verantwortlichen hatten mit derartigem Widerstand gegen den Besuch von gleich vier Diktatoren zum G20-Gipfel nicht gerechnet«, heißt es dazu im Video. Im weiteren Verlauf wird ein Anschlag auf das Fahrzeug von Präsident Recep Tayyip Erdogan erwähnt, der Absturz der russischen Präsidentenmaschine in Belarus und die Dioxinvergiftung des saudi-arabischen König Salman. Die Nachrichtensprecherin ruft eine »Reisewarnung für die Staatschefs autokratischer Regime« für Hamburg aus. Der Slogan, unter dem das Video läuft: »G20 Tyrannenmord 2017«. Agenturen/nd
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