Wachstum hat ausgedient
Ökonom Tim Jackson gibt der Degrowth-Bewegung eine Stimme
Berlin. Dieser Tage häufen sich die zehnjährigen Jubiläen von Ereignissen, die als Startpunkt der Finanzkrise angesehen werden können, welche später in eine Weltwirtschaftskrise mündete. In dieser Zeit bekam auch eine bürgerliche Kapitalismuskritik viel Platz und düstere Zukunftsvisionen machten die Runde. Beides ebbte schnell wieder ab, als sich die Finanzmärkte wieder beruhigten und die Wirtschaft vielerorten wieder in den Wachstumsmodus schaltete.
Doch nicht alle wollten weitermachen, als wäre nichts gewesen: In jener Zeit formierte sich eine neue Bewegung, die die Parole »Degrowth« (engl. für Wachstumsrücknahme) ausgegeben hat. Kritisiert wird der systemimmanente Wachstumszwang des Kapitalismus, der zu verschärfter Ausbeutung, rein spekulativen Investitionen und zum Raubbau an der Natur führt. Hier wird der Bogen gespannt zur Klimawandelkrise, die nicht mit ein paar geldpolitischen Maßnahmen einzudämmen ist. In der Degrowth-Bewegung wird indes nicht nur akademisch geredet, sondern auch ökonomisch gehandelt: mit Bürgerenergiegenossenschaften oder Reparatur-Cafés.
Als einer der Vordenker gilt der britische Ökonom Tim Jackson, dessen Buch »Wohlstand ohne Wachstum« 2009 zum Standardwerk mutierte. Es ist kürzlich in aktualisierter Version erschienen. Jackson geht es um ein grundlegend anderes Wirtschaftsmodell: »Unternehmen sollten wieder dem Menschen dienen, Arbeit sollte Teilhabe an der Gesellschaft bedeuten, Investitionen ein Engagement für die Zukunft und Geld ein öffentliches Gut sein«, sagt er im nd-Interview. »Man braucht die veränderte Denkweise, um die richtigen Fragen zu stellen: Welche perversen Anreize führen momentan dazu, dass Unternehmen in erster Linie nach Profit streben?« Kste Seite 3
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