Rigaer Straße bis 2019 gesperrt
Wegen zweier Bauvorhaben dürfen nicht einmal Fußgänger den Bereich passieren
Eineinhalb Kilometer lang ist die Rigaer Straße in Friedrichshain. An drei Stellen versperren Bauzäune den Fußweg und Teile der Fahrbahn. Neubauten sind übersät mit gelben, grünen und rosafarbenen Farbspritzern. Dass nicht nur mit Farbbeuteln geworfen wurde, davon zeugen zerbrochene Fensterscheiben.
Seit Dienstagmorgen ist eine vierte Baustelle hinzugekommen: Zwischen der Samariter- und der Voigtstraße ist gar kein Durchkommen mehr. Die Rigaer Straße ist eine doppelte Sackgasse geworden. Auch Fußgänger und Radfahrer werden von Sicherheitspersonal und Polizisten aufgefordert, wieder umzudrehen. Eineinhalb Jahre lang soll das so bleiben, bis die beiden Bauvorhaben links und rechts der Straße fertiggestellt sind.
Eine Frau, die ihr Kind zur Kita bringen will, muss wegen der Sperrung einen Umweg gehen. Sie findet das in Ordnung. Die Verkäuferin eines Blumenladens in der Samariterstraße bedauert, dass jetzt Parkplätze fehlen. Außerdem habe sie nun einen weiteren Weg zum Drogeriemarkt in der Voigtstraße. Ob sie durch die Sperrung Kunden verliere, müsse sich erst noch zeigen. Sie habe schon Schlimmeres erlebt, erzählt sie, einmal sei die ganze Kreuzung gesperrt gewesen. Andere Anwohner wollen sich dagegen wehren, dass es nicht einmal einen Durchgang für Fußgänger geben soll. Einer überlegt, mit aneinandergeketteten Fahrrädern die Zufahrt für Lkw zu versperren.
Unzufrieden mit der Sperrung ist auch Canan Bayram, die für die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg im Abgeordnetenhaus sitzt. »Ich halte das für eine unverhältnismäßige Maßnahme«, sagte sie am Dienstag dem »nd«. Noch mehr Bauzäune trügen nicht zur besseren Stimmung im Kiez bei. Jede Baulücke werde zugebaut. Es entstehe der Eindruck, dass Investoren machen dürfen, was sie wollen. »Anwohnerinteressen werden nicht berücksichtigt.«
In der vergangenen Woche waren die Anwohner per Aushang über die Sperrung informiert worden. Medienberichten zufolge waren auch der Baustadtrat Andy Hehmke (SPD) und die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) von der Maßnahme überrascht worden, die das Ordnungsamt verfügt habe. In einer Erklärung von Baustadtrat Andy Hehmke (SPD) heißt es, die Sperrung sei auch unter Beteiligung der Polizei entschieden worden.
In Medienberichten war spekuliert worden, die Polizei habe sich gegen einen Durchgang für Fußgänger gewehrt, um dort nicht in einen Hinterhalt gelockt werden zu können. Herrmann sagte am Dienstag dem »nd«: »Ich halte die Vollsperrung für nicht besonders gelungen.« Sie habe Hehmke gebeten, die Maßnahme noch einmal zu überprüfen, das habe er getan, sei aber bei seiner Entscheidung geblieben.
Jeden Abend ab 19 Uhr wollen sich Nachbarn nun auf der Straße treffen und mit viel Lärm ihrem Unmut Luft machen.
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