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Beim AfD-Verbot zeigt der Berliner Senat keine Eile
Senat sieht keinen unmittelbaren Handlungsauftrag, auf ein Verbot der AfD hinzuwirken
Ein Verbotsverfahren gegen die AfD wird der Berliner Senat allzu schnell wohl nicht vorantreiben. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Inneres auf eine Anfrage von »nd« hervor. Hinter die Einbringung einer entsprechenden Bundesratsinitiative durch das Land Berlin setzte das SPD-geführte Haus ein Fragezeichen. Hintergrund ist ein vieldeutiger Antrag, den das Berliner Abgeordnetenhaus vor zwei Wochen mit Stimmen von CDU, SPD, Grünen und Linken verabschiedet hatte.
Der mit dem Antrag adressierte Berliner Senat sieht sich offenbar nicht zu einem unmittelbaren Hinwirken auf ein Verbotsverfahren veranlasst. »Im Bundesrat wird Berlin einen entsprechenden Antrag unterstützen, sofern die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen vorliegen«, teilte die Senatsverwaltung mit. Ein erfolgreiches Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht stelle hohe Anforderungen, die eine sorgfältige Prüfung erfordern, hieß es weiter. »Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit«, hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zuvor bereits mehrfach betont. Ein gescheitertes Verbotsverfahren würde »nur den Feinden der Demokratie nutzen«, sagte sie im Sommer.
Wie die Innenverwaltung nun mitteilte, habe eine durch den Verfassungsschutz erfolgte Einstufung der AfD als rechtsextremistisch, »nur Indizwirkung«. Sie ersetze nicht »den notwendigen Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit«. Doch wann würde der Berliner Senat die Verfassungsfeindlichkeit als nachgewiesen erachten? Was muss konkret vorliegen? Das weiß der Senat anscheinend selbst noch nicht so genau. Die Maßstäbe ergäben sich aus Artikel 21 des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung, teilt die Innenverwaltung mit. Doch »angesichts der hohen Komplexität eines solchen Verfahrens können zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Nachweise im Einzelnen benannt werden«, heißt es weiter.
»Im Bundesrat wird Berlin einen entsprechenden Antrag unterstützen, sofern die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen vorliegen«
Senatsverwaltung für Inneres
Über ein Verbot einer Partei entscheidet das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Bundesregierung, des Bundestags oder des Bundesrats. Berlin als Bundesland kann mit Blick auf ein Verbotsverfahren nur über den Bundesrat unmittelbare Wirkung entfalten. Einem eigenen Antrag müsste jedoch die Mehrheit der Bundesländer zustimmen, also auch Bundesländer, an deren Regierung die CDU beziehungsweise die CSU beteiligt ist.
Die Beantwortung der Frage, wie sich Berlin im Bundesrat verhalten und ob die Hauptstadt selbst eine Bundesratsinitiative beantragen wird, hält sich der Senat offen. »Ich bitte um Verständnis, dass sich der Senat hinsichtlich möglicher konkreter Verfahrensabläufe innerhalb des Bundesrates noch nicht festlegen wird«, teilte eine Senatssprecherin mit. Berlin beteilige sich aktiv bei der Prüfung der Voraussetzungen.
Der vom Abgeordnetenhaus verabschiedete Antrag war von den Fraktionen ganz unterschiedlich interpretiert worden. Der SPD-Abgeordnete Marcel Hopp hatte »nd« erklärt, der Antrag sei ein Auftrag an den Senat, im Bundesrat »Mehrheiten auszuloten und zu organisieren«. Das könne »sofort« passieren. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, sagte im Abgeordnetenhaus hingegen, für ein Verbotsverfahren seien die Voraussetzungen bislang nicht erfüllt.
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