Zuma bleibt - ein Klotz am Bein des ANC

Auch das achte Misstrauensvotum gegen den südafrikanischen Staatschef geht für ihn glimpflich aus

  • Christian Selz, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Ende eines langen Parlamentstages stand am Dienstagabend einmal mehr Südafrikas Präsident Jacob Zuma im Rampenlicht. Der Staatschef, der gerade das achte Misstrauensvotum gegen ihn überstanden hatte, dankte vor dem Abgeordnetenhaus in Kapstadt seinen Anhängern und stimmte ein altes Lied aus dem Anti-Apartheids-Kampf an. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns«, heißt es darin. Besser - und zugleich zynischer - hätte er die Situation kaum zusammenfassen können, für das Land, seinen regierenden African National Congress (ANC) und für sich selbst.

Die Opposition wollte Zuma aus dem Amt jagen, weil er Ende März in einer Nacht- und Nebelaktion sein Kabinett umgebildet und dabei vor allem den angesehen Finanzminister Pravin Gordhan und dessen Stellvertreter Mcebisi Jonas entlassen hatte. Der Schritt war auch innerhalb des ANC auf Widerstand gestoßen, zumal Zuma sich über Parteigremien hinweggesetzt hatte. Generalsekretär Gwede Mantashe erklärte anschließend öffentlich, die »Liste« mit den neuen Ministern sei »woanders zusammengestellt« worden.

Schon damals zweifelte niemand im Land daran, dass damit der Einfluss der Unternehmerfamilie Gupta gemeint war. Inzwischen ist durch geleakte E-Mails bekannt geworden, dass die indischstämmigen Geschäftsleute über die Vergabe von Ministerposten mitbestimmten und sogar vorab Lebensläufe der Kandidaten erhielten. Jonas selbst hatte bereits im vergangenen Jahr einen Versuch der Guptas öffentlich gemacht, ihn mit umgerechnet 40 Millionen Euro zu bestechen. Aus der Parteiführung war ihm daraufhin Sicherheit in seinem Amt zugesichert worden - eine Garantie, die nicht lange hielt.

Dennoch gelang es Zuma, die Partei erneut mehrheitlich hinter sich zu bringen. Einen Antrag auf Abberufung im höchsten ANC-Gremium, dem Nationalen Exekutivkomitee, überstand er ebenso wie die Rücktrittsforderungen der beiden Partner in der Regierungsallianz, der South African Communist Party und dem Gewerkschaftsbund Congress of South African Trade Unions.

»Teflon-Präsident« taufte ihn die südafrikanische Presse, weil noch jede Attacke an ihm abprallte. Am Montag jedoch schien seine Allmacht gebrochen. Überraschend - und gegen den erklärten Willen Zumas - kündigte Parlamentssprecherin Baleka Mbete (ebenfalls ANC) an, dass das Misstrauensvotum in geheimer Abstimmung entschieden werden sollte. Die Möglichkeit dazu hatte die Opposition vor dem Verfassungsgericht erstritten, nachdem die Zuma-kritische ANC-Abgeordnete Makhosi Khoza mit dem Tod bedroht worden war.

Tatsächlich stimmten dann im Schutze der Anonymität 177 Abgeordnete für die Absetzung Zumas. Das sind 26 mehr, als auf den Oppositionsbänken sitzen. Da zwei kleine Oppositionsparteien mit zusammen sieben Abgeordneten sich vorab zum Präsidenten bekannt hatten, dürfte die Zahl der ANC-Rebellen sogar über 30 liegen. Für eine Abwahl des Präsidenten wären aber 201 Stimmen notwendig gewesen. Zuma hat einmal mehr überlebt.

Dennoch feierte nach der Bekanntgabe des Ergebnisses auch die Opposition lautstark. »Wir haben vorher nie auch nur eine einzige Stimme aus den Reihen des ANC bekommen«, erklärte der Vorsitzende der linken Economic Freedom Fighters (EFF), Julius Malema, gegenüber dem TV-Sender eNCA. Der Chef der zweitstärksten Oppositionspartei gab sich zuversichtlich, Zuma trotz der knappen Abstimmungsniederlage bald stürzen zu können. Bereits im September will seine Partei per Gerichtsklage erneut die Absetzung Zumas anstreben. »Einen Elefanten«, so Malema im Jargon eines Großwildjägers, esse man schließlich »Stück für Stück«.

Während die Opposition Ausdauer demonstriert, bedeutet die Abstimmung für den ANC eine doppelte Niederlage. Die Partei offenbarte nicht nur ihre interne Spaltung, sie steht überdies als die Kraft da, die einen offenkundig korrupten Präsidenten im Amt hält. Vor den nächsten Wahlen 2019, bei denen Zuma nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten kann, steht der ANC damit vor einem Schlamassel.

Die Opposition hingegen, so erklärte der Politanalyst Richard Calland bei eNCA, könne sich insgeheim freuen. Denn einerseits habe sie einen Teil der ANC-Abgeordneten auf ihre Seite gezogen und andererseits bliebe ihr Zuma als »wertvollstes Kapital im Vorfeld der Wahlen 2019« erhalten.

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