Abwarten
Simon Poelchau glaubt nicht, dass Karlsruhe die EZB stoppen wird
In Sachen Europolitik gebärdet sich das Bundesverfassungsgericht mal wieder als Bedenkenträger. Diesmal geht es - mal wieder - um milliardenschwere Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB).
Zugegebenermaßen geht es nun um ein Programm, das im Gegensatz zum umstrittenen OMT-Programm, das EZB-Chef Mario Draghi auf dem Höhepunkt der Eurokrise aus der Taufe hob, auch wirklich Anwendung findet. Und zugegebenermaßen ist das Volumen dieses in Karlsruhe verhandelten Programms mit 1,5 Billionen Euro an bisher gekauften Anleihen nicht gerade gering. Deswegen ist im Grunde auch allen klar, dass die EZB damit massiv in den Wirtschaftskreis der Eurozone eingreift, auch wenn sie in ihren Statements kundtut, nur Geldpolitik betreiben zu wollen.
Man will wiederum aber auch nicht wissen, wie Europa heute aussehen würde, hätte die EZB auf dem Höhepunkt der Krise nicht eingegriffen. Wäre Griechenland als Einziger aus der Eurozone gekickt worden - oder Spanien, Italien und Portugal gleich mit? Schließlich war die EZB bei aller berechtigten Kritik die einzige europäische Institution, die in der Krise wirklich handelte und mit ihren Aufkäufen den Druck von so manchem notleidenden Staat nahm.
Dies wissen in Grunde auch die Richter in Karlsruhe. Deswegen geben sie ihre Zweifel erst mal an den EuGH weiter. Und deswegen werden sie auch diesmal wieder am Ende ihre Bedenken aufgeben und mit Bauchschmerzen das laufende Programm für in Ordnung halten.
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