Ex-Lufthanseat fing Sturzflug nicht ab
Der Job war von Anfang an einer der diffizilsten der Luftfahrtbranche hierzulande - sprichwörtlich ein Himmelfahrtskommando. Als »Chief Executive Officer« (CEO) war Thomas Winkelmann seit Frühjahr dieses Jahres angetreten, die schwer ins Strudeln geratene Luftfahrtgesellschaft Air Berlin abzufangen. »Wir arbeiten unermüdlich daran, in dieser Situation das Beste für das Unternehmen, für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter zu erreichen«, erklärte der 57-jährige Manager nach Bekanntwerden der Insolvenz der Airline am Dienstag dieser Woche. Auch auf der Facebook-Seite des Unternehmens bezog der Chef von Air Berlin in geschliffenem Englisch Stellung. Winkelmann, der neben der deutschen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, betonte, man werde das Geschäft und den Service fortsetzen.
Dass der langjährige Lufthanseat - von 2006 bis 2015 leitete er die Billigfluglinien-Lufthansa-Tochter Germanwings und danach das Lufthansa-Drehkreuz München - wirklich »das Beste« für Air Berlin erreichen will, wurde von bösen Zungen indes immer wieder angezweifelt. Der Vorwurf gegen Winkelmann lautete ungefähr so: Der Ex-Lufthansamanager sei entsandt worden, um Air Berlin weiter herunterzuwirtschaften und die geplante Zerschlagung und die Teilübernahme durch die Lufthansa zu beschleunigen. Winkelmann wies dies stets zurück. »Das ist blanker Hohn«, sagte der Manager einmal der Wochenzeitung »Die Zeit«. Und: »Ich habe einen Vertrag unterschrieben, und den will ich mindestens erfüllen.«
Dass der studierte Sprachwissenschaftler, Althistoriker und Betriebswirtschaftler erfolgreich in seinem Rettungsamt agiert hätte, kann man allerdings nicht behaupten. Vielmehr nahmen die Probleme der Airline unter seiner Ägide zu: Verspätungen der Flugzeuge und Ausfälle, Personalschwierigkeiten und ein Koffer-Chaos in Berlin sorgten für immer größeren Unmut bei den Kunden der Fluglinie.
Mit Interesse wurde auch der Kursschwenk Winkelmanns beim Thema BER und dem Flughafen Tegel wahrgenommen. Wenn Tegel offenbleibe, werde man dort bleiben, erklärte Winkelmann. Die Drehkreuzpläne Air Berlins für den künftigen BER wären damit wohl obsolet - bei den konkurrierenden Lufthansa-Drehkreuzen in Frankfurt am Main und München dürfte dieser Schwenk für Freude gesorgt haben.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.