Eberhard Jäckel ist tot

Der Historiker starb im Alter von 88 Jahren / Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas: Einer der engagiertesten Streiter für die Erinnerung

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Berlin. Der Historiker und Holocaustforscher Eberhard Jäckel ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Mit seinem Tod verliere die Bundesrepublik einen ihrer engagiertesten und wirkungsvollen Streiter für die Erinnerung, teilte die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin mit. Jäckel hatte sich zusammen mit der Publizistin Lea Rosh stark für das Mahnmal eingsetzt. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Bundestagspräsident Norbert Lammert, sagte: »Das bürgerschaftliche Engagement Jäckels wurde von der Politik, die die Pflege der Erinnerung an den Holocaust als staatliche Aufgabe begriff, aufgenommen.«

Jäckel, der 1929 in Wesermünde geboren wurde, hatte nach dem Studium der Geschichte in Göttingen, Tübingen, Freiburg, Florida und an der Sorbonne eine akademische Karriere begonnen. 1961 habilitierte er sich mit einer Arbeit über Adolf Hitlers Frankreichpolitik. Bekannt wurde er 1969 mit seinem Buch »Hitlers Weltanschauung«. Darin hält er fest, dass Adolf Hitler bereits lange vor seiner Machtübernahme seine Ziele öffentlich formuliert hatte, unter anderem den Mord an den Juden Europas.

Bis zu seiner Emeritierung 1997 war er Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart. Das SPD-Mitglied machte Wahlkampf für Willy Brandt und war im PEN-Zentrum engagiert. Die Aufarbeitung des Holocaust war sein Hauptforschungsthema. Dadurch wurde er auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Zusammen mit der Journalistin Lea Rosh drehte er auch die mehrteilige Dokumentation »Der Tod ist ein Meister aus Deutschland«.

Das darauf basierende Buch wurde mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Mit Rosh regte er 1988 den Bau einer zentralen deutschen Holocaust-Gedenkstätte an, die schließlich 2005 in Berlin als Denkmal für die ermordeten Juden Europas eröffnet wurde. 2001 wurde ihm das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen »wegen seiner großen Verdienste bei der inhaltlichen Neukonzeption der Gedenkstätte Konzentrationslager Buchenwald«. Von 1994 bis 1999 war er Vorsitzender des wissenschaftlichen Kuratoriums der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Dora-Mittelbau.

Im Jahr 1980 gab Jäckel die Quellensammlung »Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905-1924« heraus, in der er auch auf die »Hitler-Tagebücher« von Konrad Kujau zurückgriff. Jäckel hatte die Dokumente, die ihm ein Sammler zur Verfügung stellte, anfangs für authentisch gehalten. Später kamen ihm und seinem Mitherausgeber Axel Kuhn Zweifel. Sie forderten 1981 beim Bundeskriminalamt ein Gutachten an, das 1983 zum Auffliegen der Fälschungen führte. Agenturen/nd

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