Monsanto lässt grüßen

Hitler-Darsteller Oliver Masucci spielt im Politthriller »Tödliche Geheimnisse - Jagd in Kapstadt«

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Filme können ganz schön am Schauspieler kleben. Nach seiner Rolle als Kindsmörder Schrott vor 62 Jahren zum Beispiel war Gert Fröbe für nette Rollen so unverkäuflich wie Karlheinz Böhm kurz darauf nach seiner Darstellung eines Frauenmörders in »Augen der Angst«. Zäher haftet eigentlich nur der Großverbrecher schlechthin am Darsteller: Wer je Adolf Hitler verkörperte, trägt ihn im Portfolio wie getrocknetes Blut auf weißer Weste. Bruno Ganz kann ein Lied davon singen. Oliver Masucci auch. Wenngleich ein fröhliches.

Als der Bühnenstar Ende 2015 in »Er ist wieder da« pseudodokumentarisch über die Leinwand hitlerte, wurde Masucci mit einem Schlag auch übers Theater hinaus bekannt. Das Angebot aber diktierte ihm der auferstandene Führer nicht. Im Gegenteil. »Man hat natürlich Angst vor einer Stigmatisierung«, erinnerte der Schauspieler sich - in der (vergeblichen) Erwartung des Deutschen Filmpreises - an den drohenden Hitler-Stempel und schien spürbar erleichtert: »Jetzt geht’s zum Glück weiter.« Und wie.

Noch während sein später Durchbruch 2,4 Millionen Zuschauer verstören half, drehte der gefeierte Burgschauspieler drei Filme. Und seither sind so viele hinzugekommen, dass er sein Gesamtwerk 25 Jahre nach seinem Kameradebüt »Andy« nahezu verdoppelt hat. Ein schmieriger Cowboy im RTL-Remake von »Winnetou« war dabei, natürlich der »Tatort« und Florian Henckel von Donnersmarcks deutsch-deutsches Historiendrama »Werk ohne Autor«, bevor ihn Sherry Hormann für einen Politthriller gewann, dessen Auftakt (»Tödliche Geheimnisse«) nun in der ARD fortgesetzt wird.

Blöder Titel, aber solides Handwerk: In »Tödliche Geheimnisse - Jagd in Kapstadt« geht es abermals um den Chemiekonzern Monsanto, der hier »Norgreen Life« heißt und von der Unternehmerin Lilian Norgren (Katja Riemann) geführt wird. Dessen hochprofitables Herbizid Pancosol ist offenbar krebserregend, was die unbestechliche Journalistin Romy Kirchhoff (Nina Kunzendorf) - wie im ersten Teil, der im vergangenen Herbst gesendet wurde - mithilfe ihrer früheren Chefredakteurin Katrin Berger (Anke Engelke) aufzudecken versucht, unterstützt von einem abtrünnigen Lobbyisten (Oliver Masucci). Doch der Whistleblower wurde von seiner einstigen Auftraggeberin (und Geliebten) nach Südafrika entführt. Die Reporterinnen müssen nach Kapstadt, wo sich der Konzern zudem ein neues Heilmittel unter den Nagel reißen will.

Das ist der arg aufgeblähte Plot dieses ambitionierten Stücks deutscher Fernsehunterhaltung, in dem Oliver Masucci einen ungewöhnlichen Part übernimmt: Im Kreis starker Frauen, die ihre Figuren mal mehr (Kunzendorf), mal weniger (Riemann) glaubhaft verkörpern, hält der Nebenhauptdarsteller seinen Kolleginnen gewissermaßen dramaturgisch den Rücken frei für die mühselige Arbeit am Happy End - eine Aufgabe, für die das Männerbusiness Film eigentlich meist Schauspielerinnen im Kreis starker Kerle besetzt. Und Masucci? Er erledigt seine Aufgabe als Wasserträger sehr gut, was wohl mit seiner Erfahrung aus 22 Jahren an den renommiertesten Bühnen - von Basel über Hamburg und Bochum bis Wien - zu tun hat.

Dank seines markanten Gesichts, dieser Mixtur aus Kirk Douglas und Matthew McConaughey, ergänzt er das weibliche Ensemble mit jener impulsiven Sensibilität, die die Branche ansonsten eher Frauen andichtet. Und während Kunzendorf und Engelke allein fürs Gute kämpfen, ringt Masuccis Figur auch noch mit dem Bösen im eigenen Leib. Diese interne Auseinandersetzung prägt viele seiner Charaktere: vom Berliner Kiezermittler Hagen Kutscha in der famosen Gangsterballade »4 Blocks« auf TNT bis hin zum ARD-Drama »Die vierte Gewalt«, wo er einen Chefredakteur spielt. Demnächst dann kriegt es der schwäbische Sohn eines Italieners aus Bonn mit Wohnsitz Berlin in der deutschen Netflix-Produktion »Dark« mit einem vermissten Kind in Brandenburg zu tun. Auch da könnte Adolf Hitler kaum ferner sein. Bei allem Hang zur dunklen Seite der Macht: An Oliver Masucci klebt nichts allzu lange.

26. August, 20.15 Uhr, ARD

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