Repressiver Ansatz scheitert
Sebastian Bähr über die kurzsichtige Flüchtlingspolitik der EU
Der Großteil der italienischen Politiker dürfte sich freuen: Im Vergleich zum Vorjahr haben diesen Monat 90 Prozent weniger Flüchtlinge die sizilianische Küste erreicht. Die zentrale Mittelmeerroute ist so gut wie dicht. Die derzeitige Strategie von Rom und Brüssel wird langfristig jedoch nicht aufgehen. Die Kriminalisierung der Seenotretter und die Aufrüstung der kriminellen libyschen Milizen mögen kurzfristig die aktuelle Hauptfluchtroute über das Mittelmeer schließen. Auch die Einrichtung von Auffanglagern in afrikanischen Transitländern kann vielleicht für einen Moment die Anzahl der in Europa ankommenden Migranten senken.
Solange sich jedoch die Konflikte in Teilen des globalen Südens verschärfen; solange Klimawandel, Terror, Krieg und Armut den Menschen ihre Perspektive rauben, werden diese sich weiter auf die Suche nach einem besseren Leben begeben. Repression kann das auf Dauer nicht verhindern, sondern nur die Anzahl der Opfer erhöhen. Die Folge der Abschottung ist eine Verlagerung zu noch gefährlicheren Routen. Nach Griechenland und Italien trägt dann einfach ein anderes EU-Land die Lasten, da es auf die Solidarität der Union nicht zählen kann. Solange nicht wirklich Fluchtursachen bekämpft werden und legale Einreisemöglichkeiten bestehen, nimmt dieser verheerende Kreislauf kein Ende.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.