Gerhart Baum kündigt 5000 weitere Klagen gegen VW an

Dieselskandal: Anwalt und früherer Bundesinnenminister kritisiert Fehlen von Sammelklagen / Schadenersatzklagen sollen bis Jahresende eingereicht werden

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München. In der Abgasaffäre bei Volkswagen hat der Anwalt und frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) 5000 weitere Klagen gegen den Wolfsburger Konzern angekündigt. Sein Düsseldorfer Anwaltsbüro und eine Partnerkanzlei wollten die Schadenersatzklagen bis Jahresende für ihre Mandanten einreichen, sagte Baum dem Rechercheverbund von »Süddeutscher Zeitung«, NDR und WDR. Den Autobesitzern seien Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgasreinigung geliefert worden.

Baum sagte, VW versuche sich in die Verjährung zu retten. Ab dem kommenden Jahr könnten die Kunden gegen die Händler keine Ansprüche mehr geltend machen, sondern nur noch gegen den Konzern selbst. Deshalb reichten die Kanzleien nun die Klagen gegen die Händler und den Konzern zugleich ein.

Kritik übte der FDP-Politiker auch an der Bundesregierung: Sie habe es aus Rücksicht auf VW versäumt, eine Sammelklage zu ermöglichen. Bislang sind bei den Gerichten in Deutschland etwa 5000 Klagen wegen der Abgasaffäre anhängig, wie es in dem Bericht unter Berufung auf den Konzern heißt. Braun betonte, dies zeige angesichts der Zahl von insgesamt 2,5 Millionen betroffenen Kunden die »Ohnmacht des Verbrauchers«.

Nach US-Ermittlungen hatte Volkswagen im September 2015 eingeräumt, weltweit in rund elf Millionen Dieselfahrzeugen eine Manipulationssoftware eingebaut zu haben. Sie zeigt bei Tests einen niedrigeren Stickoxid-Ausstoß an als auf der Straße.

Unterdessen hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) den Vorwurf von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gekontert, er habe bei den Gesetzesplänen für schärfere Verbraucherrechte geschludert. »Frau Merkel und Herr Seehofer haben mit ihrer Blockade zu verantworten, dass die Musterfeststellungsklage auch den Autokäufern noch nicht zur Verfügung steht«, sagte der SPD-Politiker. Hätte sich die Union nicht verweigert, könnte das Instrument längst im Gesetzesblatt stehen.

Rückendeckung bekam Maas von den Grünen. Die Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast, warf CDU und CSU vor, seit Bekanntwerden des Dieselskandals entsprechende Initiativen immer wieder blockiert zu haben. »Kurz vor der Wahl behauptet Kanzlerin Merkel ohne rot zu werden, sie habe nichts gegen die Einführung kollektiver Klagerechte«, so Künast. Die Grünen wollen die Möglichkeit einer Gruppenklage noch vor der Bundestagswahl am 24. September möglich machen.

Maas hatte Ende 2016 einen Gesetzentwurf für eine sogenannte Musterfeststellungsklage vorgelegt. Sie soll Klagerechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen - etwa geschädigter Diesel-Fahrer gegen den VW-Konzern - stärken. Dabei geht es auch um die Möglichkeit, dass etwa Verbraucherverbände stellvertretend für viele Kunden Schadenersatzansprüche geltend machen können. Maas' Entwurf liegt seit Dezember auf Eis. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte am Sonntagabend, schuld sei das Kanzleramt, das blockiere.

Diskutiert wird schon länger, dass sich Verbraucher bei gleich gelagerten Fällen zusammenschließen und gemeinsam klagen können. Solch eine Musterfeststellungsklage unterscheidet sich aber von Sammelklagen, wie sie in den USA mit dort oft sehr hohen Schadensersatzsummen üblich sind. Auch Verbraucherschützer machen sich für Musterfeststellungsklagen stark. Agenturen/nd

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