CDU schlägt Grünen die Tür zu

Union will »aufräumen« in Niedersachsen: Nikab-Verbot auch in Theatern und Museen gefordert

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Weder mit der AfD noch mit den LINKEN werde seine Partei ein Bündnis schließen, hatte Bernd Althusmann schon 2016 erklärt. Darüber hinaus werde er bis zur Wahl keine Aussagen zum Thema Koalition machen. Doch nun hat der Spitzenkandidat, der den amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) ablösen will, auch den Grünen die Tür zugeschlagen. Ein Zusammenschluss mit ihnen komme nicht infrage, betonte der Unionsmann jetzt beim Parteitag der CDU in Hannover.

Gedanken an ein regierendes Schwarz-Grün im Landtag, wenn sie denn jemand gehegt haben sollte, waren spätestens nach dem Übertritt der Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU vollends verblichen. Jener Schritt, durch den die rot-grüne Koalition im Niedersachsenparlament ihre Einstimmenmehrheit verlor, mag vor wenigen Wochen die scharfe Wortwahl auf dem Grünen-Parteitag in Göttingen begünstigt haben. Als »schwarz-gelbes Gruselkabinett« bezeichnete die Landtagsgrüne Julia Willie Hamburg die politische Gegenseite, und Agrarminister Christian Meyer schimpfte über »schwarz-gelbe Hetzer« und »kaltherzige Menschenfeinde«, die massenhaft Asylbewerber abschieben.

Wer den politischen Gegner derart diffamiere, reagierte kurz darauf Niedersachsens CDU-Generalsekretär Ulf Thiele, habe demokratische Spielregeln nicht verstanden und verlasse die Ebene normaler politischer Streitkultur. Bernd Althusmann setzte jetzt nach: »Unflätig« seien die Äußerungen der Grünen gewesen. Doch nicht damit, sondern mit einem »Linksruck« der Partei in Niedersachsen begründete der Kandidat das Nein zur Koalition.

Aber nicht nur böse Worte hatte es seinerzeit auf dem Grünen-Parteitag gegeben. So versuchte sich der amtierende Agrarminister zum Ergötzen seiner Zuhörer mit einem Reim: »Glückliche Hühner und saubere Eier/die gibt es nur unter Minister Meyer.« Beides jedoch, so heißt es aus den Reihen der Union, wird es nach der Landtagswahl am 15. Oktober auch unter einer CDU-Agrarministerin geben. Barbara Otte-Kinast soll es werden, sagte Bernd Althusmann, der damit das erste Mitglied seines Schattenkabinetts präsentierte.

Otte-Kinast ist seit 2014 Vorsitzende des Landfrauenverbandes Niedersachsen. Die 53-jährige Milchbäuerin aus dem Kreis Hameln-Pyrmont will als Ministerin »alle Landwirte unterstützen«, ob ökologisch oder konventionell arbeitend. Weniger hoffnungsvolle Worte hatte sie für den Wolf parat: Mehr dieser Tiere als bisher müssten besendert und vergrämt und im Problemfall »entnommen« - sprich: erschossen - werden.

Ehe er Barbara Otte-Kinast dem Parteitag vorstellte, hatte Bernd Althusmann kundgetan: Als Ministerpräsident werde er ein Kabinett bilden, das je zur Hälfte aus Frauen und Männern besteht. Und wie er regieren möchte, besagt ein Programm, das ein Fernsehreporter treffend zusammenfasste: »Man möchte so eine Art nördliches Bayern werden«.

Sicherheit steht ganz oben auf der schwarzen Agenda. So will die Union die Zahl der Polizisten im Land um 3000 erhöhen und »Gefährder mit deutscher Staatsbürgerschaft« bis zu 18 Monate in »Präventionshaft« nehmen können. Die Bewegungsfreiheit von islamistischen »Gefährdern« müsse mit elektronischen Fußfesseln eingeschränkt werden, fordert die CDU, und: Das Verbot einer »Verhüllung des Gesichts«, wie es schon für Schulen besteht, müsse ausgedehnt werden. Auch öffentliche Gebäude wie Gerichte, Behörden, Rathäuser, Sporthallen, ja auch Museen und Theater sollen von Frauen mit Nikab oder Burka nicht mehr betreten werden dürfen.

Passt alles gut in Bernd Althusmanns Willenserklärung auf dem Parteitag: »Wieder Ordnung ins System bringen« wolle die CDU und zeigen, »dass wir aufräumen wollen in Niedersachsen«. Die Chance, dass derartige Wünsche Wahrheit werden, stehen nach aktuellen Umfragen für die Union nicht schlecht.

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