Rauchzeichen aus Helsinki

Russland und USA wollen über Atomwaffen reden

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Der schwarze Rauch über dem russischen Konsulat in San Francisco war durchaus symbolisch für die Beziehungen zwischen Washington und Moskau, die so schlecht sind wie seit langem nicht. Nach der Zwangsschließung der diplomatischen Vertretung Anfang September droht jetzt auch noch ein Nachspiel, wie die Luftaufsichtsbehörde der Westküstenmetropole mitteilte - eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Verbrennungsauflagen. Im Gebäude sei illegal Müll vernichtet worden. Ab es gibt auch andere Rauchzeichen. So bemühen sich die USA und Russland offensichtlich darum, auf bestimmten Konfliktfeldern im Gespräch zu bleiben. Wie der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow nach einem Treffen mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Thomas Shannon am Dienstagabend in Helsinki ankündigte, wolle man etwa schon bald wieder auf Expertenebene über den Stand der atomaren Abrüstung nach dem sogenannten START-3-Vertrag beraten.

START-3 wieder auf der Agenda

Dieses auch New START genannte bilaterale Abkommen sieht die weitere Reduzierung der Atomsprengköpfe auf strategischen Trägersystemen von 2200 auf jeweils 1550 und die der Interkontinentalraketen, U-Boot-gestützten Langstreckenraketen und Langstreckenbomber von 1600 auf je 800 innerhalb von sieben Jahren vor. Dabei dürfen maximal 700 Systeme stationiert bleiben. Im Unterschied zum vorangegangenen SORT-Vertrag wurden auch wieder bilaterale Kontrollstrukturen zur gegenseitigen Überprüfung vereinbart. Die damaligen Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedew unterzeichneten diesen Strategic Arms Reduction Treaty am 8. April 2010 in Prag, dort wo Obama ein Jahr zuvor seine Vision einer Welt ohne Atomwaffen verkündet hatte.

Beide Seiten ratifizierten START-3 auch, wobei der Demokrat im Weißen Haus wegen der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Senat auf die Unterstützung der Republikaner angewiesen war - und sie bekam. Mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden zwischen Außenministerin Hillary Clinton und ihrem Amtskollegen Sergei Lawrow auf der Münchner Sicherheitskonferenz trat der Vertrag am 5. Februar 2011 in Kraft.

Ohne Abweichen umsetzen

Obwohl eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren samt möglicher fünfjähriger Vertragsverlängerung festgeschrieben wurde, erklärte Obama schon im Februar 2013, er wolle das Abkommen neu verhandeln. Zwar gilt der Vertrag eher als »vertrauensbildende Verifikationsmaßnahme« und führt nicht zu einer radikalen Reduzierung, doch wird er von vielen Abrüstungsexperten als durchaus wichtiger Auftakt für weiterreichende Schritte eingeschätzt. Im Augenblick ist START-3 einer der wenigen Atomwaffenverträge, die noch funktionieren.

Um so wichtiger, das er trotz des angespannten bilateralen Verhältnisses weiter auf der Dialog-Agenda steht. Man sei sich einig, dass das Abkommen ohne Abweichungen umgesetzt werden solle, so Rjabkow in Helsinki. Das Washingtoner Außenministerium erklärte, man wolle gemeinsam versuchen, die Beziehungen wieder zu verbessern. Zwei nukleare Supermächte müssten in der Lage sein, miteinander über bestimmte Gebiete von gemeinsamen Interesse zu reden. Man darf gespannt sein, ob das auch für den INF-Vertrag gilt, der Kurz- und Mittelstreckenraketen verbietet. Hier haben sich beide Seiten zuletzt gegenseitig massive Verstöße vorgeworfen.

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