Berechnung der Rohrwärme
Urteil des Bundesgerichtshofs
In Gebäuden mit einer erhöhten Rohrwärmeabgabe kommt es zu Verzerrungen bei der Kostenverteilung, wenn die Heizungsrohre in den Wohnungen erheblich Wärme abgeben und als Erfassungsgeräte elektronische Heizkostenverteiler eingesetzt werden. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO trifft eine Regelung für diese Rohrwärmefälle. Danach kann der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Solche Regeln der Technik enthält das Beiblatt der VDI-Richtlinie 2077.
Im vorliegenden Fall war das Gebäude mit einer Einrohrheizung ausgestattet, bei der die Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt, aber nicht freiliegend verlegt worden waren, sondern unter Putz beziehungsweise im Estrich. In der Heizkostenabrechnung berücksichtigte der Vermieter die nicht erfasste Rohrwärme nach den Regeln der Technik auf der Grundlage des Beiblattes »Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe« der VDI-Richtlinie 2077. Dieses sieht verschiedene Möglichkeiten vor, den Anteil der Rohrwärme am gesamten Wärmeverbrauch zu ermitteln, der dann als erfasster zusätzlicher Wärmeverbrauch auf die Nutzer verteilt wird.
Die Mieterin meinte, die vom Vermieter gewählte Berechnungsweise sei nicht korrekt. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO, der bei überwiegend ungedämmten Leitungen eine Bestimmung des Wärmeverbrauchs nach den Regeln der Technik gestatte, sei nur anwendbar, wenn die ungedämmten Leitungen der Wärmeverteilung freiliegend verlegt seien. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Ohne die Verteilung der Rohrwärme als erfasster Wärmeverbrauch ergäbe sich aus der Abrechnung ein Guthaben der Mieterin von insgesamt 489 Euro. Die Mieterin verlangte die Auszahlung dieses Guthabens.
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab mit Urteil vom 15. März 2017 (Az. VIII ZR 5/16) der Mieterin Recht. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO setze nach seinem Wortlaut voraus, dass die ungedämmten Leitungen freiliegend verlegt seien. Freiliegend seien nach der Begründung der HeizkostenVO auf der Wand verlaufende und damit sichtbare Wärmeleitungen. Entgegen einer verbreiteten Meinung sei § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO nicht analog anzuwenden, wenn die Leitungen zwar überwiegend ungedämmt, allerdings unter Putz oder im Estrich verlegt seien. Denn die Bundesregierung habe die VDI-Richtlinie gekannt, als sie den Entwurf zu § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO im Jahr 2008 vorgelegt habe. Für eine Analogie fehle es so an einer planwidrigen Regelungslücke.
Demnach durfte der Vermieter hier die Rohrwärme nicht nach anerkannten Regeln der Technik ermitteln und als erfassten Verbrauch zusätzlich auf die Nutzer verteilen.
Ungeklärt ist nunmehr, ob in solchen Fällen die Mieter, die durch die Nichtberücksichtigung der Rohrwärme bei anderen Mietern im Hause - wie der Mieterin in unserem Falle - erheblich benachteiligt werden, einen Anspruch darauf haben, dass die Heizkosten wieder komplett nach Wohnfläche verteilt werden, so wie das von einem Teil der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenVO für zulässig gehalten wurde.
Aus: MieterMagazin 7/2017
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