Warten auf die Air-Berlin-Gläubiger

Lufthansa will Langstrecken nicht übernehmen / Berlin bietet Mitarbeitern Hilfen an

  • Lesedauer: 3 Min.

Frankfurt am Main. Die Lufthansa will einen großen Teil der Maschinen von Air Berlin übernehmen, winkt bei der Langstrecke des insolventen Konkurrenten aber ab. Sein Unternehmen habe ein Angebot über die 38 bereits angemieteten Mittelstreckenjets sowie 20 bis 40 weitere Flugzeuge abgegeben, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Damit würden viele Arbeitsplätze gerettet, die bei der Tochter Eurowings weiterbestehen sollen: Man hoffe auf bis zu 3000 neue Mitarbeiter. Eurowings hofft auf einen Zuschlag im Bieterwettstreit. An der Langstrecke der Berliner, deren Zukunft besonders unsicher ist, hat Lufthansa kein Interesse. Die Gewerkschaft ver.di lobte das Lufthansa-Angebot, will aber in den Verhandlungen mit dem Käufer, der den Zuschlag bekommt, darauf dringen, dass es Betriebsübergänge gibt.

Laut Medienberichten hatten Lufthansa, Air Berlin und die Bundesregierung sich bereits vor dem Air-Berlin-Insolvenzantrag am 15. August getroffen und möglicherweise Vorabsprachen getroffen. So konnte die Lufthansa schon am Tag der Insolvenz erklären, »sich mit Air Berlin bereits in Verhandlungen über den Erwerb von Teilen der Air-Berlin-Gruppe« zu befinden und »gemeinsam mit der Bundesregierung die Restrukturierungsbemühungen« zu unterstützen. Über die Vorgespräche hatte die »Süddeutsche Zeitung« berichtet, der eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Katharina Dröge an das Bundesverkehrsministerium vorlag.

Demnach hatten sich Ministerium und die Fluggesellschaften seit dem 11. August telefonisch ausgetauscht. Am 14. August sei eine Sechserrunde im Verkehrsministerium zusammengekommen, an der Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann sowie Lufthansa-Chef Spohr teilnahmen.

Ob die Absprachen Einfluss auf die Entscheidung der Gläubigerversammlung haben, die sich am Donnerstag traf, ist unklar. Aus Branchenkreisen hieß es, es könnten Vorentscheidungen fallen. Am Montag soll der Aufsichtsrat die Zuschläge erteilen. Neben der Lufthansa haben weitere Fluggesellschaften und Geschäftsleute für Teile oder die ganze Firma geboten - darunter Easyjet, die British-Airways- und Iberia-Mutter IAG sowie ein Bündnis aus Condor und Niki Lauda. Der chinesische Betreiber des Flughafens Parchim, Jonathan Pang, hat demnach am Donnerstag - eine knappe Woche nach Fristende - noch ein Gebot abgegeben. Er begründete das mit der Übersetzung der Verträge ins Chinesische.

Air Berlin betreibt 144 Flugzeuge, 38 davon sind an Eurowings vermietet. Zur Aufnahme erfahrener Air-Berlin-Piloten konnte Eurowings noch keine Vereinbarung mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit erzielen. Die Verhandlungen darüber wurden ergebnislos vertagt, wie am Donnerstag bestätigt wurde.

Der Gesamtverkauf von Air Berlin an einen Bieter gilt als unwahrscheinlich. Spohr wandte sich gegen die Auffassung, dass die Lufthansa schon mit der Teilübernahme eine Monopolstellung gewinne. Der Marktanteil bliebe sogar bei einer Komplettübernahme unter 50 Prozent, betonte er. Dennoch werde die Lufthansa nicht für weitere Flugzeuge bieten.

Angesichts zu erwartender Jobverluste bei Air Berlin hat das Land Berlin unterdessen finanzielle Unterstützung zugesagt. Man werde der Bitte von Arbeitnehmervertretern nachkommen und den Aufbau einer Transfergesellschaft unterstützen, teilte die Senatskanzlei mit. Ver.di und die Air-Berlin-Geschäftsführung forderten Bayern und Nordrhein-Westfalen sowie den Bund auf, einer Transfergesellschaft zuzustimmen. Agenturen/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal