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Haitianer begehren gegen Steuerreformen auf

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei häufen sich

  • Hans-Ulrich Dillmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Ausgebrannte Schrottautos, riesige Abfallhaufen auf Straßenkreuzungen und lodernde Reifen-Barrikaden haben in den vergangenen Tagen die Straßen von Port-au-Prince immer wieder in einen gefährlichen Slalomparcours verwandelt. Der öffentliche Nahverkehr ist aufgrund eines zweitägigen Busfahrerstreiks, der in Port-au-Prince weitgehend befolgt wurde, weitgehend lahmgelegt. Auf den Straßen boten nur wenige Tap-Tap-Busse ihren Fahrdienst an, am Straßenrand drängten sich die Menschen um die wenigen Fahrzeuge. Auch Privatfahrzeuge mieden die Straßen.

Der Protest vor allem in den armen und dicht bevölkerten Vierteln der haitianischen Hauptstadt richtet sich gegen das neue Steuergesetz der haitianischen Regierung von Staatspräsident Jovenel Moïse. Es wurde in den beiden Kammern des Parlaments mit der Mehrheit der Stimmen der regierenden »Kahlkopf«-Partei »Tèt Kale« beschlossen.

In zahlreichen Vierteln Port-au-Prince kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Aufruhrpolizei. Die Protestierer verlangten, das neue Steuergesetz auf- und die Löhne anzuheben sowie den Rücktritt von Staatschef Moïse.

Gleichzeitig gönnten sich die Abgeordneten eine 74-prozentige Erhöhung für Spesen, Abgeordnetendiäten, Fahrzeuge, Mitarbeitergehälter und Reisekosten. Bezahlt sollen die Auslagen von den elf Millionen Bürgern des Landes werden, von denen bis zu 80 Prozent am Rande oder unter dem Armutslevel (rund 60 Prozent) von 1,50 Euro pro Tag leben müssen. Die Mehrheit der Bevölkerung finanziert seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten und bezieht Überweisungen von Verwandten aus dem Ausland.

Besonders eine Verwaltungsgebühr für alle Bürger, die die Dienstleistungen des Staates in Anspruch nehmen wollen, stört die Demonstranten. Rund 132 Euro Verwaltungssteuer im Jahr soll jeder bezahlen, der »staatliche Dienstleistungen« in Anspruch nehmen will. Fahrer von Tap-Tap-Bussen, meist Tagelöhnern, mit denen der nicht vorhandene öffentliche Nah- und Fernverkehr aufrechterhalten wird, müssen damit für ihre Fahrerlizenz mehr als ein Sechstel ihres durchschnittlichen Jahreseinkommens von 820 Euro für die Verwaltung berappen.

Auch im Ausland lebende Haitianer, die jährlich fast zwei Milliarden Euro ins Land überweisen, werden nach dem neuen Gesetz künftig zusätzlich zur Kasse gebeten, wenn sie ihre Verwandten im »Land der Berge« besuchen wollen. Sie sollen eine Touristensteuer von zehn US-Dollar pro Besuch bezahlen.

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