Keine Arbeitslosengeld-Sperrzeit wegen Altersteilzeit

Urteile von Sozialgerichten

  • Lesedauer: 3 Min.

Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel vom 12. September 2017 (Az. B 11 AL 25/16 R) hervor. Hintergrund des Rechtsstreits ist das zum 1. Juli 2014 eingeführte Gesetz für eine abschlagsfreie Rente ab dem 63. Lebensjahr. Voraussetzung hierfür ist, dass Versicherte mindestens 45 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.

Im jetzt entschiedenen Fall war die Klägerin als Büroangestellte der Stadt Heubach im Ostalbkreis angestellt. 2006 vereinbarte sie mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell. Ihren unbefristeten Arbeitsvertrag änderte sie in einen befristeten um. Nach dem Ende der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit wollte sie ab Dezember 2015 nahtlos, aber mit Abschlägen in Rente gehen.

Als zwischenzeitlich die abschlagsfreie Rente mit 63 eingeführt wurde, fehlten ihr nach der Altersteilzeit noch drei Lebensmonate, um die Voraussetzungen für den abschlagsfreien Rentenbezug zu erfüllen. Für diese Zeit meldete sie sich daher arbeitslos.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach jedoch eine Arbeitslosengeld-Sperrzeit aus. Die Frau habe ohne wichtigen Grund ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt und damit ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet.

Dem widersprach das BSG und berief sich dabei auf eine BSG-Entscheidung aus dem Jahr 2009 (Az. B 7 AL 6/08 R). Danach stellt es einen »wichtigen Grund« dar, wenn ein Arbeitsverhältnis für eine Altersteilzeit befristet wird. Die BA dürfe dann keine Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld verhängen.

Dass die Klägerin sich wegen der Einführung der abschlagsfreien Rente für drei Monate arbeitslos gemeldet hat, sei ihr nicht anzulasten. Entscheidend sei, dass sie zum Zeitpunkt des Altersteilzeitvertrages beabsichtigt habe, nahtlos in Rente zu gehen. epd/nd

Schwerhörige Blinde mit Langstock nicht ausreichend versorgt

Blinde Menschen, deren Orientierung durch Schwerhörigkeit zusätzlich beeinträchtigt wird, sind einem Gerichtsurteil zufolge mit einem Langstock nicht ausreichend versorgt.

Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen in Celle vom 18. September 2017 (Az. L 16/4 KR 65/12) wurde eine Krankenkasse verpflichtet, einem weitgehend erblindeten Mann zusätzlich einen Blindenhund zu bewilligen. Das Gericht betonte allerdings, dass Blinde nicht automatisch Anspruch auf einen Blindenhund hätten und es nicht auf die generellen Vorteile eines Hundes im Vergleich mit einem Stock ankomme, sondern den Einzelfall.

Der 50-Jährige aus dem Landkreis Osnabrück hatte bei seiner Krankenkasse einen Blindenhund beantragt. Die verwies ihn aber zunächst auf einen Blindenlangstock und ein Mobilitätstraining. Der Kläger argumentierte jedoch, ein Blindenhund könne ihm eine viel bessere Hilfe bieten. Er bekam vom Gericht nun Recht.

Es komme nicht auf die generellen Vorteile eines Blindenhundes gegenüber einem Langstock an, hieß es zur Begründung. Vielmehr sei die Versorgungsnotwendigkeit im Einzelfall nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

Das Gericht hatte zunächst die Ergebnisse des Orientierungs- und Mobilitätstrainings mit dem Langstock abgewartet und auf dieser Grundlage ein ärztliches Gutachten eingeholt. Das habe aufgezeigt, dass die Orientierungsfähigkeit des Klägers durch die Kombination von Blindheit und Schwerhörigkeit erheblich erschwert sei. Den Einwand der Krankenkasse, dass der Kläger inzwischen mit Hörgeräten versorgt wurde und Fortschritte im Mobilitätstraining erzielte, wies das Gericht zurück. epd/nd

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