Schulfreunde auf Erfolgskurs

The Riptide Movement stürmen in ihrer irischen Heimat die Charts

  • Antje Rößler
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Gespräch verläuft herzlich; nur an den heftigen irischen Akzent muss man sich gewöhnen. The Riptide Movement - das sind vier Schulkumpel aus einem Dubliner Vorort, die sich seit 2006 gemeinsam dem schlichten, ehrlichen Blues und Folk-Rock hingeben. Benannt haben sie sich nach dem Phänomen des Brandungsrückstroms, der von Küsten ins offene Meer zieht. Frontmann Malachy Tuohy, kurz »Mal«, geriet einmal in Australien in eine solche Strömung, der man entkommt, indem man sich hinaustreiben lässt und seitlich zurückschwimmt.

Die Strömung, die The Riptide Movement zum Erfolg trug, startete in London, wo die vier in diversen Clubs auftraten. Auf einem Festival in Manchester trafen sie den Produzenten Tony Colton, der auch schon mit Ray Charles oder Yes gearbeitet hatte. Er produzierte das erste Riptide-Album.

»Unser Plattendebüt enthält viel Blues und Americana«, erzählt Bandleader Mal. »Hier haben wir unserer gemeinsamen Vorliebe für Stones, Kings und The Who nachgegeben. Das zweite Album ging mehr in Richtung Country-Folk.« Die ersten beiden Platten haben die Musiker in Eigenregie vermarktet. 2014 unterzeichneten sie bei Universal, kurz vor dem dritten Album »Getting Through«, das den Durchbruch brachte: Nummer eins, Goldstatus, mehrere Top-10-Singles.

Der Erfolg führte jedoch zu einer Identitätskrise. »An der Oberfläche erschien alles großartig«, erzählt Mal. »Aber wir hatten den inneren Kompass verloren. Wir waren zwar in aller Welt unterwegs, aber unsere Beziehungen litten darunter. Das neues Album ›Ghosts‹ ist daher auch eine Neuorientierung.« In Irland erreichte »Ghosts« Platz fünf in den Charts. Nun präsentieren die Musiker das Album auf einer Deutschland-Tour.

In Irland erregte das Video zur Single »Changeling« Aufsehen. Es zeigt einen geschminkten Mann im Rock, der im Landbus durchs baumlose irische Moor fährt, während die anderen Passagiere abfällig gucken. »Die Idee zu diesem Lied kam uns, als wir erfuhren, dass noch 1895 einer der letzten Hexenprozesse in Irland stattfand. Wir wollen auf die Gefahr von dogmatischen Glaubenssystemen aufmerksam machen«, erzählt der Schlagzeuger Gar Byrne.

Die Songs entstanden bei Sessions in der irischen Einöde. »Wir mieteten ein Haus, zerrten die Möbel raus, stellten unsere Instrumente und Geräte rein und schrieben eine Woche lang Musik«, sagt Gar Byrne. Am Fluss Caragh im Südwesten der Insel machten die Musiker ebenso Station wie auf der Halbinsel Iveragh. Zu ihrem Lieblingsort wurde jedoch das Dorf Ballinaclash im Osten. »Dort wohnten wir in einer alten Wassermühle. Das Rauschen des Flusses bahnte sich seinen Weg auf die Tonaufnahmen«, fährt der Schlagzeuger fort.

Abgeschlossen wurden die Aufnahmen in Texas, nahe der mexikanischen Grenze. Dort steht die Sonic Ranch, laut Eigenwerbung der »größte Tonstudio-Komplex der Welt«. Sechs Wochen verbrachten die Musiker in der einsamen Wüstenlandschaft, wo sie beim Feierabendbier Kojoten und ferne Güterzüge hörten.

Schließlich stand eine Auswahl von zwölf Songs, die voller Geschichten stecken. Besonders anrührend ist das Lied »I could have loved you«, ein vertonter Liebesbrief, den Gar Byrnes Großmutter an ihren Bräutigam schrieb, am Vorabend der Hochzeit im März 1946. J.P.R. Dalton spielt hier die Tin Whistle, die traditionelle Metallflöte der Britischen Inseln. Die Riptide-Jungs bleiben Iren im Herzen - auch bei weltweitem Erfolg.

The Riptide Movement: »Ghosts« (Universal Music) Konzerte am 15.10. in Berlin (Maze), am 16.10. in München (Backstage), am 17.10. in Düsseldorf (The Tube), am 18.10. in Bochum (Rotunde), am 20.10. in Hannover (Bluesgarage) und am 24.10. in Hamburg (Marx)

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