Alte Geschichten

Anna Breitenbach

  • Lesedauer: 1 Min.

Vergangenheit vergangen

sein lassen vergeben und

vergessen können endlich

einen Schlussstrich ziehen

SCHINDLERS TRANSPORTE

steht auf einem Lastwagen

Worte und nichts weiter

Namen, Schall und Rauch

Das kurze Gedicht der 1952 in Hessen geborenen Poetin und Performerin Anna Breitenbach spricht für sich. Schon diese acht Zeilen zeigen, dass der »Heimat«-Begriff, der diesem Lyrikband zugrunde liegt, mit völkischer Tümelei nichts zu schaffen hat, umso mehr mit einer schmerzhaften Verbundenheit selbst im Fortsein in Raum und Zeit, die sich durch keinen »Schlussstrich« abschütteln lässt. Heimat, lesen wir in einem Gedicht von Nora Gomringer, das ist ferner da, »Wo sie mich lynchen/ Wo sie mich tränken/ Wo sie den Stein vor mein Grab wälzen/ Wo ich aufersteh«. Der von dem Lyriker und Herausgeber der Zeitschrift »Das Gedicht«, Anton G. Leitner, zusammengestellte Band »Heimat« (Reclam, 96 S., geb., 10 €) bringt die vielstimmige zeitgenössische Dichtung in einen Dialog mit »klassischer« Lyrik von Goethe und Heine über Ringelnatz und Tucholsky bis zu Kästner und Kaléko. Ein »Heimat«-Begriff, wie ihn der rechte Zeitgeist für sich vereinnahmen will, zerbröselt beim Lesen Vers um Vers - bis nichts von ihm übrig bleibt. mha

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