Früher oder später geht der Abbruch weiter

Mecklenburg-Vorpommern sieht neue Probleme auf der Autobahn 20 auf das Land zukommen

  • Joachim Mangler, Tribsees
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist eine unwirkliche Szenerie: Dort, wo sonst täglich Tausende Autos auf der A 20 vorbeibrausen, hat sich ein riesiges Loch aufgetan und Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Christian Pegel (SPD) gibt eine Pressekonferenz. Hinter ihm klafft das spektakuläre Loch von etwa 10 Metern Breite, 40 Metern Länge und durchschnittlich 2,50 Meter Tiefe. »Ich bin erstaunt, welche Kräfte hier wirken«, fasst Pegel zusammen.

Doch auf die Fragen aller Fragen - »Wie konnte dieses Chaos entstehen, warum klafft hier dieses Loch« - kann Pegel nicht antworten. »Welche einzelne Person etwas entschieden hat, würde man in uralten Akten vermutlich finden. Hilft mir momentan nicht weiter«, erklärt der verärgerte Minister, während auf der einen übergebliebenen Fahrspur der Verkehr langsam Richtung Osten vorbeirollt. Wie lange dort noch gefahren werden kann, steht in den Sternen.

Es gebe für das Land, die Autofahrer und vor allem die leidgeplagten Anwohner an der Umleitungsstrecke Wichtigeres, als in einer Art Bodendenkmalpflege mit Pinsel und Kinderschippen anzufangen, die Betonkerne freizulegen. »Dann würden wir hinterher vielleicht herausfinden, was die Ursache ist.« Aber die Zeit wäre auch weg. Er verweist auf die Bundesanstalt für Straßenwesen, die sich mit Fragen nach möglichen Baufehlern befasst. Für die Steuerzahler spiele es eh keine Rolle, wer Schuld hat, sagt die Vorsitzende des Steuerzahlerbundes in MV, Sophie Mennane-Schulze. Alle Gewährleistungsfristen seien abgelaufen. Die immensen, nicht absehbaren Kosten werden auf den Schultern aller Deutschen abgeladen.

Statt mit Vergangenheitsbewältigung möchte sich Pegel mit Problemlösungen befassen. Das nächste wird nicht lange auf sich warten lassen, sagt der Chef des Landesamts für Straßenbau und Verkehr, Manfred Rathert. Laut Experten wird es nicht bei der gesperrten Fahrbahn Richtung Rostock bleiben. Die komplette Autobahn ist auf einer Torflinse gebaut, früher oder später wird sich der Abbruch auch auf die noch befahrbare Spur ausbreiten. Damit es dort zu keinem Unglück kommt, wird zwei Mal täglich und nachts die Fahrbahn kontrolliert. Taucht ein Riss oder eine Absenkung von über fünf Zentimetern auf, ist Schluss, betont Rathert. Dann wird sich der komplette Verkehr über die 32 Kilometer Umleitungsstrecke quälen müssen. Ab Anfang November stehe eine zweite, kürzere Verbindung zur Verfügung, an weiteren, darunter einer nur vier Kilometer langen Verbindung, werde gearbeitet.

Aktuell werden die Planungen für eine Behelfsbrücke vorangetrieben. »Wir müssen die Lebensader des Landes schnell wieder intakt bekommen«, sagt Pegel. Es sei bereits die Planung für die 80 bis 100 Meter lange, auf Großbohrpfählen gegründete Brücke beauftragt worden. Sollten die Planungen bis Ende 2017 abgeschlossen sein, könnten die Bauleistungen Anfang 2018 ausgeschrieben werden.

Ein Versprechen, dass alles bis zu den nächsten Sommerferien abgeschlossen ist, will niemand geben. Nun hat das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern auf zwei der drei Autobahnen massive Probleme. Neben der A 20 gibt es bei der Petersdorfer Brücke auf der A 19 ein Nadelöhr. Wie eine Sprecherin Pegels sagte, werden dort voraussichtlich im Sommer 2018 wieder zwei Spuren je Richtung befahrbar sein. Wie lange es dauern wird, bis die A 20 als Ganzes wieder funktioniert, weiß niemand. dpa/nd

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