Privatisierung eines »nationalen Flaggschiffs«

Indiens Multikonzern Tata liebäugelt mit einem Einstieg beim Luftfahrtunternehmen Air India

  • Hilmar König
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit die indische Regierung die Privatisierung der staatlichen Fluggesellschaft Air India (AI) angekündigt hat, schießen die Spekulationen über mögliche Interessenten ins Kraut. So soll auch der in Mumbai ansässige Mischkonzern Tata mit dem (Wieder-)Einstieg liebäugeln.

Gegründet wurde das Luftfahrtunternehmen 1932 von Jehangir Ratanji Dadabhoy (JRD) Tata unter dem Namen Tata Airlines - er war selbst Pilot des Jungfernfluges von Karachi nach Bombay - mit einer Einpropeller-Maschine, die 25 Kilogramm Post beförderte. 1938 folgte mit der Eröffnung der Route nach Colombo im heutigen Sri Lanka der internationale Verkehr. 1946 folgte die Umbenennung in Air India, die 1953 auf Geheiß Jawaharlal Nehrus und gegen den Willen von JRD Tata nationalisiert wurde.

Dieser blieb noch viele Jahre der äußerst erfolgreiche AI-Chef, bis ihn Premier Morarji Desai 1977 feuerte. Zuvor knüpfte er das Netz nach Afrika und Europa, sorgte für einen gediegenen technischen Standard und guten Service. Über Jahrzehnte trug die drollige Figur eines Maharadschahs am Leitwerk der AI-Flugzeuge die Botschaft vom erwachenden unabhängigen Indien in die Welt. Bis 1994 im Zuge der marktwirtschaftlichen Reformen private Konkurrenz zugelassen wurde, hatte man das Monopol am Himmel des Subkontinents. Da befand sich die Airline bereits im Sinkflug, aus dem ihr auch der Zusammenschluss mit Indian Airlines und ein neues Logo nicht heraushalfen. Heute liegt AI hinter IndiGo und Jet Airways mit 13 Prozent Marktanteil in Indien abgeschlagen auf dem dritten Platz. Drei Viertel ihrer Kapazitäten nutzt sie für internationale Flüge.

Die Regierung versucht seit 2014, mit Finanzspritzen das weitere Anwachsen der Schulden in Milliardenhöhe zu stoppen - vergeblich. Für die Wirtschaftszeitung »Economic Times« ist AI das »Symbol dafür, dass die Regierung unfähig ist, Business zu machen«.

Die Absichtserklärung Delhis, den Mühlstein abzustoßen, kam daher nicht überraschend. Finanzminister Arun Jaitley bekräftigte dabei aber, Air India könne »das nationale Flaggschiff bleiben«.

Sofort warf die Öffentlichkeit, sich der Pionierleistung erinnernd, nostalgische Blicke auf die Familie Tata. Deren Firmenimperium umfasst bereits Joint Ventures mit Singapore und Malaysian Airlines. Tata-Chef Nataranjan Chandrasekaran reagierte schnell, aber vorsichtig: Man werde sich die Modalitäten der Privatisierung genau ansehen. Immerhin handele es sich um eine »strategische Entscheidung«, die ein Studium aller Details erforderlich mache.

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