- Politik
- Unabhängigkeitsstreit in Katalonien
Katalanisches Parlament stimmt für Unabhängigkeit
Senat in Madrid will Regionalregierung entmachten / Spanische Regierung hält Krisensitzung ab
Update 19.05 Uhr: Zwangsmaßnahmen gegen Katalonien im Amtsblatt veröffentlicht
Die Billigung der Zwangsmaßnahmen der spanischen Zentralregierung zur Beendigung der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens wurde durch den Senat am Freitag im spanischen Amtsblatt veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung wurde die letzte Bedingung für den Einsatz der Maßnahmen erfüllt.
Update 18.45 Uhr: Spanische Justiz kündigt Verfahren gegen Puigdemont an
Die spanische Generalstaatsanwaltschaft hat ein Verfahren gegen Kataloniens Regionalpräsident Carles Puigdemont wegen »Rebellion« angekündigt. Die Behörde werde in der kommenden Woche Anklage gegen Puigdemont erheben, sagte ein Sprecher am Freitag. Auf »Rebellion« steht im spanischen Recht eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft.
Update 18.10 Uhr: Bundesregierung gegen katalanische Unabhängigkeitserklärung
Die Bundesregierung hat sich klar gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens gestellt. »Die Souveränität und territoriale Integrität Spaniens sind und bleiben unverletzlich. Eine einseitig ausgerufene Unabhängigkeit Kataloniens verletzt diese geschützten Prinzipien«, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. »Die Bundesregierung erkennt eine solche Unabhängigkeitserklärung nicht an.«
Die Bundesregierung stellte sich klar auf die Seite der spanischen Zentralregierung und gab dem katalonischen Regionalparlament die Schuld für die Zuspitzung der Lage. Bei dem Votum für die Unabhängigkeit handele es sich um »einen erneuten Verfassungsbruch«, erklärte Seibert. »Die Bundesregierung unterstützt die klare Haltung des spanischen Ministerpräsidenten zur Gewährleistung und Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung.« Sie hoffe, dass alle Beteiligten nun alle Möglichkeiten der Deeskalation nutzen würden.
Update 18.00 Uhr: Linkspartei ruft zu internationaler Vermittlung auf
Die deutsche Linkspartei hat angesichts der Eskalation zu einer internationalen Vermittlung aufgerufen. »Die Eskalationsschraube muss zurückgedreht und jegliche Gewaltanwendung verhindert werden«, erklärten die Fraktionschefs Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht. »Im Sinne der Friedenssicherung« sei Vermittlung von außen »von größter Dringlichkeit«. Der Präsident der Europäischen Linken, Gregor Gysi, machte vor allem den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy für die Zuspitzung verantwortlich. »Alles, was man falsch machen kann, hat die spanische Regierung falsch gemacht«, erklärte Gysi.
Update 17.20 Uhr: Hunko warnt vor gewaltsamer Eskalation
Der LINKE-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko ist vor Ort in Barcelona und warnt vor einer gewaltsamen Eskalation des Konflikts: »Ich fordere die Bundesregierung und die EU-Eliten auf, dass sie jedem Versuch einer gewaltsamen Unterdrückung entschieden entgegen treten und sich für eine demokratische Lösung einsetzen«, so der Europapolitiker gegenüber »nd«. Es gehe im Katalonien nicht nur um einen Konflikt mit Spanien, sondern auch um die Entscheidung zwischen Demokratie und Republik gegen eine Monarchie.
Update 17 Uhr: Spanische Regierung trifft sich zur Krisensitzung
Nach der Unabhängigkeitserklärung Kataloniens kommt die spanische Regierung am Abend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy berief für 18.00 Uhr eine Sondersitzung seines Kabinetts ein.
Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont forderte die Katalanen auf, weiter friedlich für die Unabhängigkeit zu kämpfen. In einer Erklärung vor Abgeordneten und Bürgermeistern der Unabhängigkeitsbewegung sagte Puigdemont am Freitagnachmittag, es gehe in den nächsten Stunden darum, friedlich, verantwortungsvoll und »mit Würde« auf die Entwicklungen zu reagieren.
Update 16.55 Uhr: Spanische Fahne wird in Katalonien eingeholt
In der spanischen Gemeinde Sabadell wird die spanische Fahne eingeholt. Unterdessen twitterte die spanische Militärpolizei, dass nach Artikel 1.2 der spanischen Verfassung die nationale Souveränität beim spanischen Volk liegt.
Update 16.30 Uhr: EU erkennt Unabhängigkeit Kataloniens nicht an
Die Europäische Union erkennt die Unabhängigkeitserklärung Kataloniens nicht an. »Für die EU ändert sich nichts«, schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter. »Spanien bleibt unser einziger Gesprächspartner.« Tusk rief die Regierung in Madrid gleichzeitig auf, vom Einsatz von Gewalt abzusehen. »Ich hoffe, die spanische Regierung bevorzugt die Stärke des Arguments, nicht das Argument der Stärke.«
Update 16.30 Uhr: Aktienkurse katalanischer Banken stürzen ab
Unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung des katalanischen Parlaments sind die Aktienkurse der katalanischen Banken abgestürzt. Der Kurs der CaixaBank, drittgrößter Kreditgeber Spaniens, fiel am Freitagnachmittag um rund fünf Prozent, der Kurs der Sabadell, Nummer fünf der Branche, gab um rund sechs Prozent nach.
Update 16.09 Uhr: Madrid entmachtet die katalanische Regierung
Der spanische Senat hateine Entmachtung der katalanischen Regionalregierung und andere Zwangsmaßnahmen gebilligt. Ministerpräsident Mariano Rajoy kann damit mit harter Hand gegen die nach Unabhängigkeit strebende katalanische Führung vorgehen und etwa den katalanischen Regierungschef Puigdemont festnehmen lassen.
Der Senat votierte mit 214 zu 47 Stimmen für die Forderungen des Kabinetts unter Ministerpräsident Mariano Rajoy, die unter anderem Neuwahlen in der Region binnen sechs Monaten vorsehen. Damit wird erstmals seit 1978 der Verfassungsartikel 155 aktiviert, der es ermöglicht, »aufrührerischen« Regionen die Autonomie zu entziehen. Die Maßnahmen könnten bereits am Samstag in Kraft treten.
Katalanisches Parlament stimmt für Unabhängigkeit
Barcelona/Madrid. Es ist der Tag der Entscheidung: Das Parlament der Region Katalonien hat mehrheitlich für einen Prozess zur Loslösung von Spanien und zur Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt. Die Abgeordneten stimmten am Freitag in Barcelona einer Resolution über die Unabhängigkeit von Spanien zu. In der Resolution heißt es: »Wir erklären Katalonien zum unabhängigen Staat in Form einer Republik.« Eine Frist für die Ausrufung wurde nicht festgelegt. Mit der Resolution wurde ein verfassungsgebender Prozess eingeleitet, der Verhandlungen mit Spanien beinhaltet.
Bei der geheimen und namentlichen Abstimmung hatten viele Parlamentarier der Opposition den Plenarsaal aus Protest verlassen. Während die Spannung auf den Straßen kaum noch auszuhalten war, wurden die Stimmen ausgezählt. Ein Begeisterungssturm brach los, als verkündet wurde, dass der Antrag zum Aufbau der Republik mit 70 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen angenommen wurde.
Rajoy: Zentralregierung wird »Rechtsstaatlichkeit« wieder herstellen
Parlamentarier aus dem Regierungsbündnis und linke Abgeordnete hatten die Resolution zur Ausrufung der Republik vorgelegt. Der spanische Ministerpräsident Rajoy rief die Spanier kurz nach dem Votum in Barcelona über den Kurzbotschaftendienst Twitter auf, Ruhe zu bewahren. Die spanische Zentralregierung werde die »Rechtsstaatlichkeit« in Katalonien wieder herstellen. Rajoy hatte den Senat am Freitag aufgefordert, der Entmachtung der Regionalregierung in Barcelona zuzustimmen.
In Madrid hat Rajoys konservative Volkspartei PP die Mehrheit im Senat, so dass eine Zustimmung zur Beschneidung der katalanischen Autonomierechte als sicher galt. In Barcelona wiederum verfügen die Parteien der Unabhängigkeitsbefürworter über eine Mehrheit im Parlament.
Rajoy sagte in Madrid unter dem Applaus der Senatoren, der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont und sein Kabinett müssten abgesetzt werden. Der spanische Regierungschef bekräftigte, dass binnen sechs Monaten Neuwahlen in der Region im Nordosten Spaniens stattfinden sollten.
Absage vorgezogener Neuwahlen
Nach der Absage Puigdemonts zu vorgezogenen Neuwahlen in Katalonien hatte ein Mitglied der Regionalregierung seinen Rücktritt erklärt. »Meine Versuche eines Dialogs sind erneut gescheitert«, erklärte der für Unternehmen zuständige Minister Santi Vila am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter zur Begründung. Der als moderat geltende Vila hatte sich katalanischen Medienberichten zufolge für die Wahl eines neuen Regionalparlaments ausgesprochen.
Puigdemont hingegen hatte am Donnerstag Forderungen nach einer vorgezogenen Wahl als Ausweg aus der Krise mit der spanischen Zentralregierung in Madrid eine Absage erteilt. Er habe über die Möglichkeit einer vorgezogenen Parlamentswahl nachgedacht, sich dann aber dagegen entschieden, sagte er in einer Fernsehansprache. Schließlich gebe es keine »Garantien« dafür, dass so die von Madrid angekündigten Zwangsmaßnahmen vermieden werden könnten.
Rajoy hatte den Senat am vergangenen Samstag nach einer Krisensitzung des Kabinetts aufgerufen, auf Grundlage des Verfassungsartikels 155 die Entmachtung der Regionalregierung zu beschließen und Neuwahlen anzusetzen. Die erstmalige Anwendung des Artikels seit 1978 sei eine »Ausnahmesituation« mit »sehr schwerwiegenden« Konsequenzen für viele Menschen, sagte Rajoy am Freitag.
Die Krise um Katalonien hatte sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt. Anfang Oktober hatten in der Region bei einem von Madrid verbotenen Referendum, das die spanische Polizei gewaltsam zu verhindern versuchte, 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten teil. Agenturen/nd
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