USA machen den Weg frei für China

APEC-Gipfel: Trumps Rückzug aus TPP gilt als »riesiges Geschenk« an die neue Großmacht in Fernost

  • Finn Mayer-Kuckuk, Peking
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Aufstieg Donald Trumps wirkt mehr und mehr wie ein Glücksfall für China. Der überraschend zahme Auftritt des US-Präsidenten in Peking hatte diesen Eindruck bereits bestätigt. Am Freitag kamen weitere Nachrichten dazu, die Präsident Xi Jinping mit Wohlgefallen hören wird. Denn Trump hat den Rückzug Amerikas aus dem asiatischen Wirtschaftsgeschehen bestätigt - und macht damit den Weg für China frei. »Wir werden uns nicht mehr ausnutzen lassen«, sagte Trump in der vietnamesischen Stadt Da Nang vor Wirtschaftsführern der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC. Amerika werde seine Handelspartner von nun an einzeln aussuchen.

Trump befindet auf dem APEC-Gipfel im Kernland eines Kooperationsprojekts, das er im Januar kurz nach seinem Amtsantritt beerdigt hat. Die Transpazifischen Partnerschaft TPP hätte 12 asiatische und amerikanische Länder in ein US-geprägtes Handelsgefüge einbinden sollen; China war bewusst nicht eingeladen. Trump hatte das Projekt jedoch zum »Killer amerikanischer Jobs« erklärt und per Dekret beerdigt.

Stattdessen forderte er auf dem APEC-Gipfel am Freitag die Schaffung einer »freien und offenen Region Indo-Pazifik« mit den Demokratien Japan, Australien und Indien im Kern. Dieser allzu exklusive Klub begeistert jedoch nicht einmal seine Mitglieder - geschweige denn die übrigen Staaten der Region. Viele Teilnehmer in Da Nang sind überzeugt: Am Ende werden »America First« und Misstrauen gegenüber dem Freihandel überwiegen. Denn Trump machte klar, dass es große Handelsabkommen mit ihm nicht geben wird - nur Verträge einzelner Länder untereinander.

Der plötzliche Rückzug Amerikas aus TPP gilt derweil in Peking als riesige Chance, die eigene Position als Vormacht in Ostasien zu zementieren. Chinas Kommunistische Partei betreibt bewusst ein historisches Projekt der Rückkehr des Landes zu alter Größe. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war das »Reich der Mitte« tatsächlich der Mittelpunkt der asiatischen Welt. Es prägte die Kulturen der Nachbarländer und war Anfangs- und Endpunkt aller Handelswege. Da will das moderne, wiedererstarkte China des 21. Jahrhunderts wieder hin.

Die USA als die große pazifische Macht des 20. Jahrhundert steht diesen Ambitionen im Weg. Bisher zumindest. Mit dem Partnerschaftsabkommen TPP wollte Washington dem Werben der Chinesen etwas entgegensetzen: Einen besseren Vertrag, der die Handelspartner an die USA bindet und zugleich zur Einhaltung von Werten verpflichtet. Der frühere Präsident Barack Obama »sah darin viel mehr als nur ein Abkommen zur Steigerung des Handels«, sagt Jack Thompson der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich der Zeitung »South China Morning Post«. Trumps Kehrtwende untergrabe Jahre sorgfältiger Arbeit der amerikanischen Diplomaten und Unterhändler.

Kein Wunder, dass Präsident Xi seinen Kollegen Trump so auffällig freundlich empfing. Sein Land macht im Handel mit den USA weiterhin jeden Monat mehr als 25 Milliarden Dollar Gewinn - alle Sprüche Trumps haben sich als Prahlerei erwiesen. Und nun macht Amerika freiwillig Platz für Chinas Großmachtambitionen. Der Rückzug aus TPP »gilt als gewaltiges Geschenk an die Chinesen«, sagt Eric Altbach von der Politikberatung Albright Stonebridge Group in Washington.

China zieht nun sein eigenes Freihandelsprojekt durch, ohne Konkurrenz fürchten zu müssen. Die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), die Umfangreiche Regionale Wirtschaftspartnerschaft, soll Freihandel zwischen 16 asiatischen Ländern ermöglichen - mit China im Zentrum. Dazu kommt die Seidenstraßeinitiative, mit der Peking 64 Länder in ein selbst geknüpftes Handelsnetz einbindet.

In Asien hat also schon vor Trump Konkurrenz zwischen einem amerikanischen und einem chinesischen Projekt geherrscht. Die Regierung Obama hat TPP als unverzichtbare Gegenstrategie zu den Aktivitäten der Chinesen gesehen.

Die japanische Regierung als zweitgrößter TPP-Gründer nach den USA versucht nun, das Abkommen am Leben zu halten. »Wir hoffen, dass die USA ihre Haltung zu TPP wieder ändern«, sagte Japans Landwirtschaftsminister Yuji Yamamoto. Premier Shinzo Abe will die verbleibende TPP idealerweise aufwerten, indem er Anschluss an Europa sucht. Dafür wirbt er auch auf dem APEC-Gipfel in Da Nang. Statt der großen USA würden die TPP-Länder mit der noch größeren EU handeln können. Die EU könnte mit ebenfalls von Trumps Politik des America First profitieren.

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