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Bierzeltgarnitur-Besitzer gesucht

In Thüringen landen vielerorts immer mehr Dinge im Fundbüro - wird der Thüringer ehrlicher oder schussliger?

  • Lesedauer: 3 Min.

Erfurt. In vielen Thüringer Fundbüros werden immer mehr verloren gegangene oder liegen gelassene Gegenstände abgegeben. Unter anderem die Büros in Erfurt, Jena, Gera und Nordhausen verzeichnen einen Anstieg, wie eine dpa-Umfrage ergab. In Weimar und Suhl sind die Zahlen konstant geblieben.

Ob es in Thüringen nun immer mehr ehrliche Finder oder immer mehr vergessliche Menschen gibt, ist indes unklar. Die Zahl der Fundstücke in kommunalen Fundbüros steigt jedenfalls vielerorts. Dabei wird auch Bargeld von ehrlichen Findern abgeliefert - vereinzelt durchaus beträchtliche Summen.

Das wohl höchste Aufkommen an Fundsachen im Freistaat hat die Landeshauptstadt. Zwar werden in Erfurt nur Dinge im Wert von über zehn Euro überhaupt statistisch erfasst. Doch das sei schon bei jährlich etwa 3000 abgegebenen Gegenständen der Fall, erklärte Sprecherin Heike Dobenecker. Und die Tendenz steige. Grund für die Zunahme sei die wachsende Einwohnerzahl, aber auch die mittlerweile zentralere Lage der Behörde in der Stadt. Bei Versteigerungen wird den Angaben zufolge in der Regel ein Erlös von etwa 6000 Euro pro Jahr erzielt. Wie in allen befragten Städten machten Handys, Schlüssel, Regenschirme, Handschuhe und Mützen auch in Erfurt den größten Teil der Fundsachen aus.

Auch das weitere Vorgehen ist in den meisten Kommunen ähnlich: Die Gegenstände werden - wie gesetzlich vorgeschrieben - sechs Monate aufbewahrt. Danach hat zunächst der Finder die Möglichkeit, die Fundsache zu kaufen. Verzichtet er, wird das Stück versteigert, an karitative Einrichtungen gespendet oder vernichtet. Unter anderem in Erfurt, Jena und Suhl können die Fundlisten im Internet eingesehen werden.

Wenngleich der Großteil der Fundsachen nur einen geringen Wert hat, gibt es durchaus spektakuläre Funde. Während Brillen und Hörgeräte inzwischen zum Tagesgeschäft gehören, sorgte in Erfurt zum Beispiel die Abgabe eines elektrischen Rollstuhls für Aufmerksamkeit. Die ungewöhnlichsten Fundstücke dürfte jedoch Weimar aufweisen: Neben einem Tischtennis-Roboter und einem Gemälde landete auch eine ganze Bierzeltgarnitur im Fundbüro, sagte Mandy Plickert von der Stadt Weimar. Bemerkenswert sei auch der Fund einer Digitalkamera eines japanischen Touristen gewesen: Der Apparat wurde dem Mann nach Japan zugeschickt und sei unbeschadet angekommen.

In der Klassikerstadt werden im Jahr durchschnittlich bis zu 800 Fundsachen abgegeben, bei den Versteigerungen kommen im Schnitt etwa 1400 Euro zusammen. Den höchsten Zuwachs verzeichnet Gera: Während 2016 insgesamt 585 Gegenstände abgeliefert wurden, liegt die Zahl aktuell bereits bei 683. Zu den ungewöhnlichsten Fundstücken zählt hier eine Drohne, die vom Besitzer jedoch wieder abgeholt wurde.

Zu den regelmäßig abgegeben Fundsachen gehört immer wieder auch Bargeld. Das werde durchaus auch in Bündeln gefunden und dann tatsächlich abgegeben, sagte Geras Pressesprecherin Roswitha Putz. »Solche Fälle sind keine Seltenheit, sondern kommen häufiger vor.«

Das eigentlich Bemerkenswerte daran: Einige der ehrlichen Finder würden das Geld selbst dann nicht annehmen, wenn sich in der gesetzlichen Frist kein Besitzer gemeldet habe. In diesem Fall stünde der gesamte Betrag eigentlich dem Finder zu.

In Suhl gab es 2013 ein Highlight: Unter den im Schnitt 130 Fundsachen pro Jahr befand sich eine Geldkassette mit 10 000 Euro Inhalt. Da das Geld nie abgeholt wurde, konnte sich der Finder über einen sehr ansehnlichen Lohn für seine Ehrlichkeit freuen. dpa/nd

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