EVG gegen Privatisierung der Bahn

Kirchner appelliert an neue Bundesregierung

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einem Grundsatzreferat des alten und neuen Gewerkschaftschefs Alexander Kirchner und dem Einstieg in die Beratung der Anträge wurde am Dienstag in Berlin der 2. Ordentliche Gewerkschaftstag der DGB-Bahngewerkschaft EVG fortgesetzt.

Kirchner warnte eine künftige Bundesregierung vor einer Zerschlagung des bundeseigenen Konzerns Deutsche Bahn (DB) durch Aufspaltung zwischen dem Bereich Infrastruktur und den Transportgesellschaften. Diese vor allem von Wirtschaft und FDP geforderte Trennung läuft auf das britische Privatisierungsmodell hinaus, bei dem die Infrastruktur vom Staat subventioniert wird und lukrative Transport- und Dienstleistungsbereiche in private Hände gelangen. »Eine neue Privatisierungswelle, bei der Teile der staatlichen Daseinsvorsorge verscherbelt werden und daraus Geldgeschenke für Besserverdienende entstehen, werden EVG und DGB nicht zulassen«, so Kirchner.

Der 61-Jährige bekräftige die Forderung nach einer Senkung der Trassengebühren, die alle Bahngesellschaften für die Nutzung der Schienen, Bahnhöfe und Anlagen entrichten müssen. Nur so könne die Schiene im Wettbewerb gegenüber dem Auto gestärkt werden. »Flixbus zahlt keinen Cent Autobahnmaut«, kritisierte der EVG-Chef.

Im Zusammenhang mit der Prekarisierung der Arbeitswelt forderte Kirchner eine Abschaffung sachgrundloser Befristungen bei Arbeitsverträgen. Leih- und Zeitarbeit sollten nur im Ausnahmefall möglich sein. Längst habe die Deregulierung der Arbeit nicht nur Privatbahnen, sondern auch die DB erfasst. So vergebe die Güterbahn DB Cargo zunehmend Leistungen über Werkverträge und würden bei Regionalbussen, Bahnreinigung und Sicherheit zunehmend Leistungen zu Dumpingpreisen ausgelagert. »Lasst uns die Arbeit in den Betrieb zurückholen«, rief Kirchner und erinnerte an die von Betriebsräten organisierten Proteste gegen einen Rückzug der Güterbahn aus der Fläche.

»Das Problem können wir nicht durch Tarifabsenkung oder eine zurückhaltende Tarifpolitik lösen«, erklärte Kirchner im Zusammenhang mit dem Ausschreibungswettbewerb im Regionalverkehr. Die EVG setzt sich hier bei den Landesregierungen für ein Tariftreuegesetz ein, das bei einem Betreiberwechsel den betroffenen Beschäftigten eine Weiterbeschäftigung zu denselben tariflichen Bedingungen garantiert. Der EVG-Chef sprach sich zudem für eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung aus.

Bei der Wahl des Geschäftsführenden Vorstands erhielt Kirchner mit 91,2 Prozent das beste Stimmergebnis. Der gelernte Energieanlagenelektroniker ist seit 2010 die Nr. 1 der EVG. In den inneren Führungskreis wieder gewählt wurden auch die Vizechefs Regina Rusch-Ziemba und Klaus-Dieter Hommel sowie Bundesgeschäftsführer Torsten Westphal und der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Burkert. Am schlechtesten schnitt mit 71,6 Prozent die Tarifexpertin Rusch-Ziemba ab.

»Es gibt eine Alternative zu Privatisierung, Liberalisierung und Sozialdumping«, rief Frank Moreels vom Dachverband Europäische Transportarbeiterföderation (ETF) den Delegierten zu. Die ETF werde sich dem drohenden massiven Arbeitsplatzverlust durch selbstfahrende Busse, Lkw und Züge stellen. Gegen global operierende Transportkonzerne müsse die ETF eine globale Strategie entwickeln. »Das können wir nicht auf nationaler Ebene erreichen«, so Moreels.

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