Umstrittenes Gremium eingesetzt

Bundestagsarbeit wird im Hauptausschuss erledigt

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Jan Korte klang zum Ende seiner Bundestagsrede recht optimistisch. Er gehe davon aus, dass es eine große Zustimmung zum Antrag der LINKEN zur Einsetzung der 22 Fachausschüsse geben werde, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer am Dienstagmorgen im Plenum. Gerade bei einer nur geschäftsführend amtierenden Bundesregierung müsse der Bundestag voll handlungsfähig sein, sagte Korte. »Man muss Themen wie Auslandseinsätze der Bundeswehr, den Klimawandel, außenpolitische Krisen und die Schere zwischen Arm und Reich in Ruhe und mit viel Expertise diskutieren.« Die Hoffnung des LINKE-Politikers sollte sich nicht erfüllen. Gegen den Willen der Linksfraktion wurde mit den Stimmen von Union, SPD, AfD, FDP und Grünen ein 47-köpfiger Hauptausschuss unter dem Vorsitz von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingesetzt, der die Fachausschüsse ersetzen soll.

In ihren Redebeiträgen hatten diverse Abgeordnete allerdings angedeutet, der LINKEN entgegenkommen zu wollen. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider sagte, dass der Bundestag durch den Hauptausschuss kurzfristig arbeitsfähig werde. Die Sozialdemokraten wollten sich bald aber auch für die Konstituierung weiterer Ausschüsse einsetzen. Denn nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen von Union, FDP und Grünen sei nicht absehbar, »wann wir mit einer neuen Regierung zu rechnen haben«. Wann genau die SPD die Rechte der Parlamentarier einfordern will, blieb zunächst unklar. Schneider wählte die Formulierung: »Unverzüglich in den nächsten Wochen.«

Schneiders Amtskollege von der FDP, Marco Buschmann, äußerte sich ähnlich. »Es geht nicht, wenn fünf, sechs oder noch mehr Monate mit dem Provisorium Hauptausschuss gearbeitet wird.« Zudem müsse bedacht werden, dass in den Fachausschüssen der Sachverstand des gesamten Parlaments eingebracht werde.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sagte, dass auch ihre Fraktion Kritik an der Einsetzung des Hauptausschusses geäußert habe. Vor vier Jahren hatte die Ökopartei die Einsetzung des Gremiums durch Union und SPD noch verurteilt, weil das Parlament dadurch geschwächt werde. Dass die Grünen ihre Haltung vor zwei Wochen geändert hatten, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass sie während der zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Sondierungsgespräche Rücksicht auf Union und FDP nehmen wollten. Die Grünen hatten lediglich durchsetzen können, dass neben dem Hauptausschuss der Petitions- und der Geschäftsordnungsausschuss eingesetzt werden. Über die Konstituierung weiterer Ausschüsse wolle man mit den anderen Fraktionen diskutieren, teilte Haßelmann mit.

Lediglich die Union konnte die Kritik am Hauptausschuss nicht nachvollziehen. Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer meinte, dass die Einsetzung der Fachausschüsse noch nicht sinnvoll sei, da sie zum Zuschnitt der Ministerien passen müssten. »Wir finden den Hauptausschuss effizient und sinnvoll«, sagte der CDU-Politiker.

Die Union stellt 17, die SPD zehn, die AfD sechs, FDP und LINKE jeweils fünf und die Fraktion der Grünen vier Mitglieder des Hauptausschusses. In den Ausschüssen findet ein Großteil der Parlamentsarbeit statt. Sie behandeln Beschlussvorlagen wie etwa Gesetze vor der Beschlussfassung im Plenum. Dafür veranstalten sie auch Anhörungen.

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