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Aufgeschreckt zu später Stunde
Donald Tusk erlebt schlaflose Nächte
Vielleicht konnte Donald Tusk wirklich nicht schlafen: Am vergangenen Sonntag um 3 Uhr in der Früh twitterte der EU-Ratspräsident von seinem privaten Account einen Rundumschlag gegen die Warschauer PiS-Regierung: »Alarm! «Heftiger Streit mit der Ukraine, Isolation in Europa, Abkehr vom Rechtsstaatlichkeit und von der Unabhängigkeit der Justiz, Angriffe auf den Nichtregierungssektor und die freien Medien - ist das PiS-Strategie oder ein Plan des Kreml?», fragte Tusk bei dem Kurzmitteilungsdienst über die Politik der Regierungspartei. Und fügte hinzu: «Zu ähnlich, um ruhig zu schlafen.» Heftige wie erwartbare Reaktionen aus dem Regierungslager waren die Folge: «Pure Frustration» unterstellte der Stellvertretende Justizminister Michał Wójcik. Und: Tusk ziele damit nicht nur auf die Regierung - sondern auf ganz Polen.
Tusk hat in den wenigen Zeilen allerdings wunde Punkte aufgezeigt: Mit der Ukraine liegt die polnische Regierung tatsächlich über Kreuz. Kein Wunder, denn es geht um Geschichtspolitik und die Bewertung der «Ukrainischen Befreiungsarmee» (UPA), die 1943/1944 für die Massenmorde an der polnischen Zivilbevölkerung Wolhyniens verantwortlich war. In der EU bleiben die umstrittenen Justizreformen Streitpunkt Nummer eins wie zuletzt das Urteil zu Abholzungen im Urwald von Białowieza.
Tusks Amtszeit endet definitiv Ende 2019. Seit Beginn der PiS-Regierung ist er permanenten Anwürfen ausgesetzt. Der Tenor: Er vertrete via Brüssel europäische und auch deutsche Interessen, die denen Warschaus diametral entgegenstünden. Tusk dreht einen ähnlichen Vorwurf nun gegen die PiS: Diese vertrete durch ihre Politik, ob gewollt oder ungewollt, die Interessen Moskaus - indem sie Polen international isoliere und so schwäche. Sollte der heute 60-Jährige in die polnische Politik zurückkehren wollen, er war von 2007 bis 2014 Ministerpräsident, droht ihm heftiger Gegenwind. Weder Einfluss aus Brüssel noch der Verweis auf Moskau stehen in Warschau hoch im Kurs.
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