Grokipedia jenseits der Transparenz

Mit Grokipedia startet Elon Musk eine Onlineplattform mit mehreren Webfehlern

Elon Musk – Grokipedia jenseits der Transparenz

Anfang dieser Woche ging mit der Grokipedia ein weiteres Projekt aus dem Imperium des Tech-Milliardärs Elon Musk an den Start. Gedacht ist die Plattform als politisches Gegengewicht zum Online-Lexikon Wikipedia, das von Musk als linksradikal dominiert wahrgenommen wird. Die neue Konkurrenz von rechts steht allerdings noch auf vergleichbar wackligen Füßen: Zwar umfasste sie zum Start mehr als 885 000 Artikel, allerdings bietet Wikipedia mehr als sieben Millionen Beiträge allein in englischer Sprache. Grundsätzlich unterschiedlich ist der Ansatz, Texte zu generieren: Bei Wikipedia ist die Änderungsgeschichte für jeden Artikel nachvollziehbar, auf Diskussionsseiten debattieren Freiwillige, Fehler werden korrigiert, Meinungsverschiedenheiten dokumentiert. Umstrittenes wird mit Warnhinweisen gekennzeichnet. Das ist nicht perfekt und auch nicht vollständig gegen parteiische Interessen (etwa von Unternehmen) gewappnet, aber im Ansatz transparent.

Bei Grokipedia ist Transparenz nicht vorgesehen, einmal abgesehen davon, dass wohl der größte Teil der bisherigen Texte direkt von Wikipedia übernommen wurde. Noch ersichtlich ist eine solche Übernahme etwa bei dem Grokipedia-Beitrag zu Apples Macbook Air, unter dem steht, dass er von Wikipedia »adaptiert« worden sei. Bei anderen, eher politischen Einträgen – etwa dem zum »Neuen Deutschland« – ist noch vor Textbeginn vermerkt: »Fact-checked bei Grok 2 days ago«.

Grokipedia wird von xAI betrieben, der KI-Firma von Elon Musk. 2023 gegründet, entstand unter diesem Dach der Chatbot Grok. Dieser wird mit Echtzeit-Daten aus dem Netzwerk X (ehemals Twitter) trainiert. Die Plattform X wiederum steht schon lange für die Verstärkung von Desinformation und politische Polarisierung. Somit wird für die neue Enzyklopädie (wenn sie denn je diesem Anspruch gerecht wird) durch diese Vorgeschichte die Fehleranfälligkeit gleich potenziert – entgegen dem Musk-Anspruch, der schon für den Chatbot das Kriterium maximaler Wahrheitssuche postuliert hatte.

Kollidieren dürfte der Anspruch ohnehin mit dem Makel großer Sprachmodelle, die so funktionieren, dass sie jeweils das statistisch wahrscheinlichste nächste Wort erzeugen – was zur Glättung von Kontroversen beiträgt oder Mehrheitsmeinungen bevorzugt. Zuvor bestehende geschlechtsspezifische, politische und rassistische Vorurteile aus Trainingsdaten von Grok (unter anderem für Antisemitismus nachgewiesen) dürften reproduziert werden.

Bislang werden Grokipedia-Inhalte nur in englischer Sprache angeboten. Bildmaterial fehlt ganz. Die Texte sind teils sehr lang, die Anmutung ist eher spartanisch. Aber schon die Version 1.0 (die jetzige ist 0.1 benannt) soll deutlich besser werden, mehr Artikel enthalten, bessere Quellen – was auch immer damit gemeint ist – und womöglich auch Bilder. In der Musk-Vision soll die Plattform schneller sein als Wikipedia, weil KI Artikel in Sekunden generiert. Das langfristige Ziel ist, endgültig Deutungshoheit über Wissen im Netz zu gewinnen.

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