Der Nordosten will sein Image ändern

Mecklenburg-Vorpommern sollte künftig mehr als Industrieland auftreten, sagen Regierung und Wirtschaftsvertreter

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Schwerin. Mecklenburg-Vorpommern soll künftig nicht nur als Tourismusland, sondern verstärkt auch als Industriestandort wahrgenommen werden. Es sei ein gemeinsames Ziel von Landesregierung und Wirtschaft, die industrielle Basis im Nordosten zu verbreitern, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in dieser Woche zur Eröffnung des 1. Industriekongresses der Industrie- und Handelskammern des Landes. »Mein Ziel ist, dass wir in einigen Jahren als ein Land wahrgenommen werden, in dem man nicht nur zwei oder drei Wochen sehr gut Urlaub machen kann, sondern als ein Land zum Leben und Arbeiten. Und das an 365 Tagen im Jahr.« Wichtig seien gute Arbeitsplätze mit fairen Löhnen und arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsbedingungen.

Das Land könne dabei an positive Entwicklungen der letzten Jahre anknüpfen, sagte Schwesig. »Wir haben starke Industrien bei uns im Land: mit dem Holzcluster hier in Wismar, mit der Ernährungswirtschaft mit einem besonderen Schwerpunkt in Westmecklenburg, der Luft- und Raumfahrtindustrie oder dem Maschinen- und Anlagenbau.« Auch die maritime Industrie mit den Werften und ihren Zulieferern spiele eine große Rolle. Mit den erneuerbaren Energien habe das Land erfolgreich auf eine Zukunftsbranche gesetzt. Die neue Image-Kampagne der Wirtschaft »In|du|strie Gemeinsam. Zukunft. Leben.« lobte Schwesig als starken Impuls.

»Wir brauchen ein längst überfälliges Signal, um Industrieunternehmen am Standort Mecklenburg-Vorpommern Perspektiven zu geben«, sagte der Hauptgeschäftsführer der federführenden IHK Schwerin für das Sachgebiet Industrie, Siegbert Eisenach. Die Voraussetzungen des Landes, als Industriestandort auch über die Region hinaus wahrgenommen zu werden, seien im europaweiten Vergleich ideal. »MV hat herausragende Standortvorteile und ist dank seiner geografischen Lage und der Küste ein prädestinierter Industriestandort«, sagte Eisenach. Vielen sei nicht bewusst, wie viel Industrie in Mecklenburg-Vorpommern steckt. Als Beispiele nannte er die Ernährungsindustrie mit Werken unter anderem von Dr. Oetker, Nestlé, Pfanni und Arla. Die Werften seien bedeutend, ebenso Fahrzeugzulieferer wie Webasto in Neubrandenburg oder der Flugsitzhersteller ZIM in Schwerin. Eisenach forderte noch mehr Unterstützung für die Industrie. So sollten Umweltauflagen bei Neuansiedlungen gelockert und manche Planungen beschleunigt werden.

Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) räumte ein, dass Mecklenburg-Vorpommern mit 43 Industriearbeitsplätzen je 1000 Einwohnern noch Nachholbedarf habe. Der Bundesdurchschnitt liege bei einem Wert von 83, der Mittelwert in den ostdeutschen Ländern bei 58. Allerdings hat Schleswig-Holstein demnach auch nur 49 Industriejobs je 1000 Einwohner. Generell gilt der Norden als weniger industrialisiert als der Süden Deutschlands. Innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns sind die Landkreise Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg mit Wismar die Regionen mit der höchsten Dichte an Industriearbeitsplätzen.

Die IG Metall Küste kritisierte, die Imagekampagne für die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern greife zu kurz und sei einseitig ausgerichtet. »Die Chancen der Industrie für Mecklenburg-Vorpommern und die attraktiven Arbeits- und Ausbildungsplätze herauszustellen, macht nur Sinn gemeinsam mit den Arbeitnehmern und ihren Vertretern«, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken. Außer schönen Bildern und netten Worten erwarte er nicht viel von der Kampagne.

Auch die LINKE erklärte, Akzeptanz und ein gutes Image entstünden nicht allein durch bunte Bilder und Werbefilme. »Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind immer noch die besten Botschafter für das Unternehmen, für die Branche, für die Industrie und für das Land«, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der LINKEN-Landtagsfraktion, Henning Foerster. Voraussetzung dafür seien gute Löhne, gute Arbeitsbedingungen und ein gutes Betriebsklima. In Mecklenburg-Vorpommern werde aber nach wie vor am meisten gearbeitet und am wenigsten verdient. dpa/nd

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