Luft in deutschen Städten anhaltend schlecht

Laut Umweltbundesamt ist die Belastung mit schädlichen Stickoxidabgasen unverändert hoch / Diesel-Gipfel im Kanzleramt mit Bund, Ländern und Gemeinden

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Osnabrück. Die Belastung mit schädlichen Stickoxidabgasen in deutschen Städten ist unverändert hoch: In diesem Jahr sei an mehr als der Hälfte der verkehrsnahen Messstation die Luft zu schlecht gewesen, berichtete die »Neue Osnabrücker Zeitung« (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf vorläufige Auswertungen des Umweltbundesamtes. Der Stickstoffdioxid-Grenzwert sei an rund 58 Prozent der verkehrsnahen Messstellen überschritten worden, sagte Bundesamtspräsidentin Maria Krautzberger dem Blatt.

»Es hat sich also im Vergleich zum Vorjahr im Grunde nichts getan«, sagte Krautzberger. »2016 waren es 59 Prozent.« An besonders belasteten Standorten etwa in München oder Stuttgart seien die erlaubten Jahresmittelwerte von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter um das Doppelte überschritten worden.

Als Verursacher der Luftbelastung gelten besonders Diesel-Fahrzeuge. Am Dienstagvormittag empfing Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vertreter der Kommunen zu einem erneuten Dieseltreffen zur Luftqualität in den Städten. An dem Termin im Kanzleramt nehmen auch mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten der Länder teil.

Der Bund will sich mit den Kommunen auf ein Sofortprogramm im Umfang von einer Milliarde Euro einigen. Durch Maßnahmen wie die Elektrifizierung und Digitalisierung des Verkehrs sollen die Stickoxidwerte in den Städten gesenkt sowie Fahrverbote vermieden werden. Von Seiten des Bundes sind 750 Millionen Euro an Unterstützung vorgesehen, der überwiegende Rest kommt von der Autoindustrie.

Krautzberger empfahl die deutschlandweite Einführung einer Blauen Plakette, um der schlechten Luft in den Städten Herr zu werden. Autos ohne die Plakette dürften dann nicht mehr in Innenstädte fahren.

Der Städte- und Gemeindebund hat vor dem Dieseltreffen Kritik an der Autobranche geäußert. Die Autoindustrie sei zu »zögerlich«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am Dienstag in Berlin kurz vor einem Spitzentreffen von Kommunen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Es könne nicht sein, dass die Kommunen den »schwarzen Peter« hätten, weil Diesel-Fahrverbote drohen. »Wir haben es nicht verursacht, wir haben auch nicht geschummelt.«

Die Autobranche will sich mit 250 Millionen Euro an dem Dieselfonds in Höhe von insgesamt einer Milliarde Euro für Projekte in Städten beteiligen, gezahlt wurde bisher aber noch nichts. Ausländische Hersteller weigern sich mitzumachen. Landsberg forderte diese Autobauer auf, sich den »Realitäten zu stellen«.

Landsberg äußerte außerdem »erhebliche Zweifel«, ob die eingeleiteten Software-Updates bei Millionen von älteren Dieselautos ausreichten, um die Luft wirksam sauberer zu machen. Er brachte erneut mögliche Nachrüstungen bei der Hardware ins Spiel. Die Autohersteller lehnen solche direkten Eingriffe im Motor bisher ab, weil sie teuer sind und jahrelang dauern würden.

Auch der Deutsche Städtetag hatte vor dem Treffen Forderungen erhoben und insbesondere Sofortmaßnahmen für eine bessere Luft verlangt. »Viele Städte stehen jetzt in den Startlöchern und warten auf den Startschuss der Bundesregierung«, sagte die Präsidentin des Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse, am Wochenende. Bei dem Treffen von Bund, Kommunen und Ländern müsse ein Eckpunktepapier zur Verteilung der Mittel aus dem Dieselfonds beschlossen werden. Merkels Parteikollegin Lohse sagte zudem, die Städte seien nicht die Verursacher des Stickoxid-Problems. »Ganz stark in der Verantwortung steht die Automobilindustrie.« Agenturen/nd

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