Paraguays Präsident holzt ab

Umweltschützer laufen Sturm gegen Dekret

  • Jürgen Vogt
  • Lesedauer: 3 Min.

In Paraguay werden die Wälder abgeholzt. Oberster Abholzer ist Staatspräsident Horacio Cartes. In den vergangenen Wochen ließ Cartes rund zwei Millionen Bäume roden, auf seiner Estanzia San Francisco im Chaco, dem Trockenwaldgebiet, das sich über Paraguay, Argentinien und Bolivien erstreckt. Satellitenbilder bestätigen den Kahlschlag auf einer Fläche von 2000 Hektar. Die Erlaubnis dafür hatte sich der Präsident per Dekret erteilt. Offensichtlich will Cartes vor dem Ende seiner Amtszeit im kommenden Jahr noch voll-endete Tatsachen schaffen.

Paraguays Umweltschutzorganisationen laufen dagegen Sturm. An diesem Freitag soll es eine weitere Fahrzeugkarawane geben. In der vergangenen Woche zogen mehrere Tausend Umweltschützer durch die Hauptstadt Asunción und drehten dabei auch eine Runde um die Residenz des Präsidenten. Auf der Abschlussveranstaltung warfen sie Cartes vor, die Verwüstung voranzutreiben und Fauna und Flora des Landes zu gefährden.

Nach Paraguays Waldschutzgesetz von 1973 muss jeder Landbesitzer auf seinen Ländereien von mehr als 20 Hektar in bewaldeten Gebieten mindestens 25 Prozent des vorhandenen Waldes stehen lassen. Sind keine 25 Prozent vorhanden, muss die entsprechende Fläche sogar aufgeforstet werden. Im September hatte Präsident Cartes ein Dekret erlassen, das es erlaubt, diese 25 Prozent bis auf eine reduzierte Fläche von sechs Prozent abholzen zu dürfen, wenn die gerodete Fläche für Agrarproduktion und Rinderwirtschaft genutzt werden soll. Dabei geht es nicht nur um Soja und Baumwolle, sondern auch um schnell wachsende Eukalyptusbäume.

Mit dem Dekret hat Cartes sich und den Rinderbaronen einen Freibrief für das Abholzen des noch bestehenden Urwalds im Chaco ausgestellt. Auf den amerikanischen Kontinenten liegt Paraguay seit 1990 auf Platz eins in Sachen Abholzung. Jährlich verschwinden allein mehr als 252 000 Hektar Wald, eine Fläche so groß wie das Saarland.

Nach Angaben der Umweltorganisation »Guyra Paraguay« gehen die Rodungen gerade im Chaco weit schneller als im Amazonasgebiet voran. Allein von Januar bis Mai seien über 65 000 Hektar Wald vernichtet worden. Luftaufnahmen zeigen, wie sich baumlose Flächen wie Schneisen in die Restbestände der Wälder hineinschieben.

Gegenwind bläst dem Präsidenten auch aus dem Senat entgegen. Der hatte das Dekret als illegal bezeichnet und Cartes zur Rücknahme aufgefordert. Ein Gesetz könne nur durch ein anderes Gesetz, nicht aber durch ein Dekret geändert werden, so die Mehrheitsmeinung im Senat. Der auf Umweltrecht spezialisierte Anwalt José Méndez hat inzwischen eine Verfassungsklage gegen das Dekret eingereicht.

Die britische Umweltschutzorganisation »Earthsight« hatte im Juli in einer Studie Paraguays Rinderwirtschaft als die stärkste treibende Kraft für die Abholzungen benannt, zugleich aber auch die Herstellung von Holzkohle kritisiert. Diese »bietet einen weiteren, lukrativen Anreiz, um das zu zerstören, was vom Chaco noch übrig ist, und trägt dazu bei, die Vorabkosten der Waldrodung für die Rinderzucht abzudecken«. Gerade das langsam wachsende Hartholz der Quebracho-Bäume sei wegen seiner heißen und raucharmen Verbrennung bei Grillfreunden beliebt. Nahezu die gesamte Holzkohle werde exportiert und sei auch in Deutschland in den Filialen von Lidl und Aldi zu finden, so »Earthsight«.

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