Venezuelas Regierung gewinnt an Boden

Wahlen zeigen, dass die PSUV derzeit weder von links noch von rechts ernst zu nehmende Konkurrenz hat

  • Tobias Lambert
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Sieg ist deutlich, aber kaum überraschend. Bei der Bürgermeisterwahl in Venezuela setzte sich die regierende Vereinte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) am vergangenen Sonntag in mehr als 300 der 335 Gemeinden durch. »Wir haben sie mit Argumenten, Ideen und der mehrheitlichen Unterstützung der Bevölkerung besiegt, die keine Gewalt mehr will«, rief Staatspräsident Nicolás Maduro der Opposition am Wahlabend zu.

Die drei bedeutenden oppositionellen Parteien Primero Justicia (Gerechtigkeit zuerst), Voluntad Popular (Volkswille) und Acción Democrática (Demokratische Aktion) hatten die Wahl allerdings boykottiert. Die Beteiligung sank laut offiziellen Angaben von 58 auf 47 Prozent.

Nach den verlorenen Regionalwahlen Mitte Oktober war innerhalb des rechten Oppositionsbündnisses »Tisch der demokratischen Einheit« (MUD) offen Streit über die künftige Strategie ausgebrochen. Der MUD hatte damals lediglich fünf von 23 Gouverneursposten errungen und der Regierung Wahlbetrug vorgeworfen. Einzelne Parteien stellten dennoch Kandidaten auf, mancherorts sogar mehrere. Die Opposition konnte so zumindest in einigen ihrer Hochburgen gewinnen, darunter den westlichen Provinzhauptstädten San Cristóbal und Mérida. Eine empfindliche Niederlage mussten die Regierungsgegner hingegen im nordwestlichen Staat Zulia einstecken. Dort war am Sonntag zeitgleich die Gouverneurswahl wiederholt worden, weil der im Oktober gewählte Juan Pablo Guanipa von der Partei Primero Justicia sich geweigert hatte, seinen Amtseid vor der umstrittenen Verfassunggebenden Versammlung (ANC) abzuleisten. Nun setzte sich der Kandidat der PSUV, Omar Prieto, mit gut 57 Prozent der Stimmen durch.

Aufgrund des weitgehenden Boykotts waren in zahlreichen Ortschaften auch chavistische Dissidenten gegen die Regierungspartei angetreten. Im wichtigen Municipio Libertador in Caracas hatten gleich mehrere linke Bewerber kandidiert. Die Regierungskandidatin Érika Farías setzte sich mit gut 66 Prozent der Stimmen dennoch deutlich durch. Eduardo Samán, der frühere Leiter der Verbraucherschutzbehörde und Ex-Handelsminister, landete mit etwa 6,5 Prozent der Stimmen noch hinter zwei Kandidaten aus dem MUD-Umfeld an vierter Stelle. Er kandidierte für die chavistischen Verbündeten Heimatland für Alle (PPT) und Kommunistische Partei Venezuelas ( PCV). Im Vorfeld hatte Sáman über die massive Behinderung seiner Kandidatur geklagt (siehe Interview im »nd« vom 9. Dezember).

Mit ähnlichen Problemen hat Angel Prado im Municipio Simón Planas im Bundesstaat Lara zu kämpfen. Der in der Region angesehene Basisaktivist trat unter anderem mit der Unterstützung von PPT und PCV ebenfalls gegen die PSUV an. Nachdem der Nationale Wahlrat (CNE) seine Kandidatur genehmigt hatte, legte die Verfassunggebende Versammlung jedoch ein Veto ein. Zur Begründung hieß es, dass Prado, der selbst Delegierter der ANC ist, nicht ohne deren Erlaubnis kandidieren dürfe. Die Wählerinnen und Wähler in Simón Planas sahen Prado dennoch weiterhin als ihren Kandidaten an. Mehr als 57 Prozent der Stimmen entfielen am Sonntag auf PPT. Der CNE rechnete die Stimmen aber zunächst dem Regierungskandidaten Jean Ortiz zu, den die kleine Partei ursprünglich unterstützt hatte.

Insgesamt zeigt die Bürgermeisterwahl, dass die PSUV derzeit weder von links noch von rechts ernst zu nehmende Konkurrenz hat. Die Augen sind nun auf die für Ende kommenden Jahres vorgesehene Präsidentschaftswahl gerichtet, bei der sich Nicolás Maduro im Amt bestätigen lassen will. Nach der Wahl am Sonntag hatte er gesagt, er unterstütze die ANC darin, jene Oppositionsparteien, die nicht an der Bürgermeisterwahl teilgenommen hatten, von der Präsidentschaftswahl auszuschließen. Laut Gerüchten könnte diese sogar auf das Frühjahr vorgezogen werden. Sollte sich die zerstrittene Opposition auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, hätte sie laut Umfragen dennoch gute Siegchancen. Die Lösung könnte jemand von außerhalb des Parteienklüngels bringen. Es mehren sich die Stimmen, die eine Kandidatur von Lorenzo Mendoza gutheißen, dem Chef des größten venezolanischen Lebensmittelkonzerns Polar. Er kommt als Außenstehender des Parteiensystems bei vielen gut an, weil er nicht in politische Grabenkämpfe verwickelt ist. Zudem hat Polar bei der Bevölkerung einen guten Ruf als effizienter Konzern, der viele bekannte Produkte herstellt, um die Venezolaner im Alltag nicht herumkommen. Doch noch ist ein Duell Maduro gegen Mendoza nicht abzusehen.

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