Hamas ruft weiter zur Intifada auf

Radikale Palästinenserorganisation im Gaza-Streifen wird in diesen Tagen 40 Jahre alt / Erneute Luftangriffe Israels

  • Oliver Eberhardt, Tel Aviv
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch am Mittwochmorgen waren wieder Dutzende palästinensische Jugendliche in der Nähe der israelischen Grenzposten zum Gazastreifen aufmarschiert, verbrannten Reifen, warfen Steine in Richtung der Grenzanlagen. Es ist, nach wie vor, die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die sie erzürnt. Während die Proteste im Westjordanland und in Ost-Jerusalem abgeflaut sind, verbreiten vor allem der bewaffnete Flügel der Hamas, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, und der Islamische Dschihad ständig neue Aufrufe, auf die Straßen zu gehen, Israelis anzugreifen. Die Zeit für eine Intifada sei gekommen, erklärte Ismail Hanijeh, Chef des Hamas-Politbüros, und kritisierte die palästinensische Regierung in Ramallah; sie habe »die palästinensische Sache verraten.«

Normalerweise wäre das nichts Besonderes, denn die Hamas und die Fatah, die die Ramallah-Regierung dominiert, waren sich jahrelang spinnefeind. Doch vor einigen Monaten hatte sich die Hamas dann dazu bereit erklärt, die Kontrolle über Gaza abzugeben. Am 1.Dezember sollte es so weit sein; der palästinensische Regierungschef Rami Hamdallah wurde sogar mit militärischen Ehren in Gaza empfangen.

Doch nach der Trump-Entscheidung wurde die Machtübernahme erst einmal verschoben. Denn die Kassam-Brigaden riefen zur »Verteidigung Jerusalems« auf, erklärten, »jeder, de sich dagegen wendet, ist ein Verräter, und feuerten mehrere Raketen auf Israel, während Hamas-Funktionäre im Westjordanland die Situation nutzten, um die Jugend dort zum Eintritt in die Kassam-Brigaden aufzurufen, die dort bislang nur über sehr schwache Strukturen verfügen.

Israels Militär flog daraufhin mehrere Luftangriffe auf Einrichtungen der Kassam-Brigaden und des Islamischen Dschihads; im Westjordanland wurde der Hamas-Anführer Hassan Jussef festgenommen. Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Beth warnt die Politik derweil davor, die derzeitige Situation werde die Hamas stärken, die Bemühungen der vergangenen Jahre zunichte machen, die Organisation an den Rand zu drängen, eine Machtübernahme durch die Regierung zu ermöglichen.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass sich in diesem Monat die Gründung der Hamas zum 30. Mal jährt: Am 14. Dezember 1987 hatte die Hamas erstmals unter ihrem arabischen Langnamen «Islamische Widerstandsbewegung» auf einem Flugblatt zum «Widerstand gegen die israelische Besatzung» aufgerufen, nachdem sich palästinensische Angehörige der bislang politisch nicht tätigen Muslimbruderschaft getroffen, und die Teilnahme an der ersten Intifada beschlossen hatten.

Die Gründungstage der Hamas werden in der Regel mit Paraden und Feiern begangen. Für dieses Jahr rief Hanijeh dazu auf, «Jerusalem mit einem ganz besonderen Feuerwerk zu verteidigen.

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