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Bundesweiter Aktionstag zur Genderforschung

Universitäten und Forschungsinstitute wollen über den aktuellen Stand der Geschlechterforschung informieren

  • Oliver Schmitt
  • Lesedauer: 3 Min.

Gestalten Lehrerinnen ihren Mathe-Unterricht anders als ihre männlichen Kollegen? Warum müssen Medikamente für Frauen anders dosiert werden als für Männer? Solche und weiteren Fragen stellen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit Genderforschung oder verwandten Themen beschäftigen. Am Montag veranstalteten sie einen bundesweiten Aktionstag an den Universitäten, der auch auf Twitter unter dem Hashtag #4genderstudies kommentiert werden kann.

Warum das Geschlecht in der Wissenschaft eine relevante Rolle spielt, und wie die Ergebnisse der Geschlechterforschung bei der Lösung gesellschaftsrelevanter Probleme helfen können, erläutern die Professorin Margreth Lünenborg und einige ihrer Kolleginnen auf der Website der Freien Universität Berlin.

Geschlechterforschung ist an der Freien Universität kein eigenes Fach, sondern in verschiedenen Disziplinen angesiedelt. Lünenborg selbst forscht unter anderem daran, wie sich durch Flucht und Migration Geschlechterrollen verändern – bei den Geflüchteten ebenso wie hier in Europa.

Lünenborg ist Professorin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Leiterin des Margherita-von-Brentano-Zentrums der Freien Universität Berlin, das Projekte der Geschlechterforschung bündelt. Ob die Geschlechterforschung überhaupt sinnvoll ist, steht für sie außer Frage. »Geschlecht ist etwas vermeintlich Selbstverständliches, scheinbar Natürliches. Darüber bedarf es nach Ansicht der Öffentlichkeit keines wissenschaftlich erhobenen Wissens. Nun ist es aber die Aufgabe von Forschung, das, was vermeintlich selbstverständlich erscheint, auf seine Beschaffenheit zu untersuchen. Das führt zu Irritation.«

An einem bundesweiten Aktionstag könnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, woran sie forschten und wie sehr das in Zeiten großer Unsicherheit und tiefgreifender Umbrüche relevant sei. Die Vielfalt von Geschlechterforschung sichtbar zu machen, würde auch bedeuten, für die Wissenschaftsfreiheit einzutreten.

Gülay Caglar beschäftigt sich als Politikwissenschaftlerin am Berliner Otto-Suhr-Institut mit feministischen Perspektiven auf gesellschaftliche Naturverhältnisse wie etwa Klima und Ernährung. Das alltägliche Essen ist ebenso banal wie lebensnotwendig und zugleich nach ihren Forschungen eine der wichtigsten sozialen Praktiken, über die Identitäten geprägt werden.

Die koreanische Politikwissenschaftlerin Pilwah Chang, die eine internationale Gastprofessur für Geschlechterforschung der Freien Universität innehatte, erklärt, warum Zweidrittel der Opfer der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean Frauen waren: Wegen der traditionellen Aufgabenverteilung sind Frauen im ländlichen asiatischen Raum eher ans Haus gebunden, wo sie von der Flutwelle überrascht wurden, während die Männer, die draußen auf dem Meer fischten, dort in Sicherheit waren.

Shirin Amir Moazami, Islamwissenschaftsprofessorin an der Freien Universität, untersucht, wie Geschlechterrollen in islamischen Traditionen entworfen und praktiziert werden. Sie fragt auch danach, wie über Islam und Geschlecht in öffentlichen, politischen, rechtlichen und akademischen Debatten in Europa gesprochen wird.

Im Raum Berlin hatten in den zurückliegenden Tagen weitere Universitäten und Forschungsinstitute ihre Beteiligung angekündigt, wie etwa die Technische Universität, die Hochschule für Wirtschaft und Recht und die Uni Potsdam.

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