Heilige Kuh bleibt unberührt

Jürgen Amendt über das Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Studienplatzvergabe in Medizin

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.
Teilweise ist das Verfahren zur Vergabe der Studienplätze in Humanmedizin verfassungswidrig. Bis Ende 2019 hat der Gesetzgeber jetzt Zeit, die von den Karlsruher Richter beanstandeten Regelungen zu ändern. Groß anstrengen muss er sich dabei nicht, denn die heilige Kuh, die Abiturnote, wurde von dem Verfassungsgericht nicht angetastet.

Dabei wäre genau das die logische Folge aus den Veränderungen im deutschen Bildungssystem gewesen. In den vergangenen 20 Jahren wurden die hiesigen Universitäten durch die Bologna-Refom Schritt für Schritt von akademisch-wissenschaftlichen Bildungsstätten in Orte der Berufsausbildung transformiert. In der gleichen Zeit verlor die Abiturnote ihre ursprüngliche Bedeutung, Indikator für Studierfähigkeit zu sein. Noch nie gab es so viele Einser-Abiturienten in Deutschland wie heute.

Die Regelung, Studierende anhand eines Numerus clausus auszuwählen, ist gerade in einem Beruf wie dem des Mediziners, bei dem es auf Fähigkeiten wie Menschenkenntnis, Stressresistenz, Erfahrung ankommt, nicht mehr zeitgemäß. Hier sollte eine Änderung des Zulassungsverfahrens ansetzen.

Schon heute überbrücken viele Schulabgänger die Wartezeit bis zum Medizinstudium mit einer Ausbildung zur Rettungssanitäterin, zum Krankenpfleger oder zur Altenpflegerin. Es spricht nichts dagegen, zumindest Vorpraktika in diesen Berufsfeldern zur Pflicht bei der Auswahl von Medizinstudenten zu machen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal