Knobloch: Jüdisches Leben nur unter Polizeischutz möglich

Ex-Präsidentin des Zentralrates der Juden fordert Antisemitismusbeauftragten

  • Lesedauer: 2 Min.

Heilbronn. Die ehemalige Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sieht öffentliches jüdisches Leben in Deutschland zunehmend bedroht. »Jüdisches Leben kann in der Öffentlichkeit nur unter Polizeischutz und schärfsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden - oder es muss aus Sicherheitsgründen ganz abgesagt werden«, sagte Knobloch der »Heilbronner Stimme« (Freitagsausgabe). »Aggressiver Antisemitismus, von verbalen Anfeindungen im Internet und in der analogen Welt über Schändungen und Zerstörungen bis hin zu physischen Angriffen sind in Deutschland an der Tagesordnung.«

Knobloch verwies insbesondere auf die teilweise Zerstörung eines Chanukka-Leuchters in Heilbronn und die Absage der öffentlichen Chanukka-Feier in Mülheim/Ruhr aus Sicherheitsgründen. Unbekannte hatten in Heilbronn mehrere Lampen und die dazugehörigen Gaskartuschen von dem neunarmigen Leuchter geschlagen. Die Polizei geht von einem antisemitischen Hintergrund der Tat aus.

Zur Beschädigung des Chanukka-Leuchters in Heilbronn sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern: »Ein antisemitisches Motiv ist zu vermuten. Sollte sich das herausstellen, so bestätigte dies erneut den Zustand, den wir seit Langem beklagen: Regelmäßig werden jüdische Einrichtungen, Synagogen und Friedhöfe geschändet, werden öffentlich zugängliche Ausstellungen und Installationen mutwillig beschädigt oder zerstört.«

Knobloch fordert von der Bundesregierung die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten. »Antisemitismus erstarkt von rechts und links, in der muslimischen Community und auch in der Mitte der Gesellschaft. Deswegen braucht es einen Antisemitismusbeauftragten«, sagte Knobloch. Dieses Amt müsse »starke Kompetenzen und Befugnisse erhalten und darf keine Symbolpolitik sein«. »Die wirksame Bekämpfung der vielen offenen und verdeckten Formen von Antisemitismus ist überfällig«, betonte die ehemalige Zentralrats-Präsidentin.

In ähnlicher Weise sprach sich die Jüdische Gemeinde in Berlin vor wenigen Tagen für die Einsetzung eines Antisemtismusbeauftragten in der nächsten Bundesregierung aus. »Die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten wäre ein positives Zeichen an die hier lebenden Juden, dass ihre Sorgen ernst genommen werden«, sagte Sigmount Königsberg, Antisemtisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde, gegenüber »nd«. AFP/nd

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -