• Politik
  • Minderjährige Geflüchtete

Ärztevertreter gegen verbindliche Alterstests für Flüchtlinge

Ärztepräsident Montgomery: Röntgen ohne medizinische Indikation ist Eingriff in körperliche Unversehrtheit / Medizinische Verfahren zu Altersschätzung zudem ungenau

  • Lesedauer: 2 Min.

Frankfurt am Main. Ärztevertreter weisen politische Forderungen nach verbindlichen medizinischen Alterstests bei jungen Flüchtlingen zurück. Das dafür nötige Röntgen sei ohne medizinische Indikation ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der »Süddeutschen Zeitung«. Der Jugendarzt Thomas Nowotny aus dem oberbayerischen Stephanskirchen verwies am Dienstag im ZDF-»Morgenmagazin« auf die Ungenauigkeit der medizinischen Verfahren zu Altersschätzung.

Mehrere Unionspolitiker hatten gefordert, das Alter von Flüchtlingen etwa durch ein Röntgenbild des Handgelenks zu überprüfen. Anlass ist der tödliche Messerangriff auf eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel. Tatverdächtig ist ein afghanischer Asylbewerber, an dessen Altersangabe von 15 Jahren Zweifel bestehen.

Nach den Regeln des Strahlenschutzes sei eine Altersfeststellung mittels Röntgen nur im Rahmen eines Strafprozesses zulässig, sagte Ärtzepräsident Montgomery. Im aktuellen Fall dürfe das Alter des Verdächtigen nun zurecht medizinisch untersucht werden.

Der Jugendmediziner Nowotny, der nach eigenen Worten regelmäßig junge Asylbewerber ärztlich betreut, sagte im ZDF, auch mittels Röntgen sei ein Alter nicht konkret zu bestimmen, es könne allenfalls geschätzt werden. Das sogenannte Knochenalter könne vom tatsächlichen Alter eines Menschen mehr als zwei Jahre abweichen.

Nowotny sagte: »Sowohl Deutsche als auch Ausländer bringen ab und zu Menschen um. Das ist furchtbar. Aber man wird das durch solche Untersuchungen nicht verhindern können.« Auch wenn man bei der Ankunft des Afghanen im April 2016 in Deutschland geschätzt hätte, dass er 17 Jahre alt ist, »hätte das jetzt nichts geändert«, sagte er. epd/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal