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Ärztevertreter gegen verbindliche Alterstests für Flüchtlinge
Ärztepräsident Montgomery: Röntgen ohne medizinische Indikation ist Eingriff in körperliche Unversehrtheit / Medizinische Verfahren zu Altersschätzung zudem ungenau
Frankfurt am Main. Ärztevertreter weisen politische Forderungen nach verbindlichen medizinischen Alterstests bei jungen Flüchtlingen zurück. Das dafür nötige Röntgen sei ohne medizinische Indikation ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der »Süddeutschen Zeitung«. Der Jugendarzt Thomas Nowotny aus dem oberbayerischen Stephanskirchen verwies am Dienstag im ZDF-»Morgenmagazin« auf die Ungenauigkeit der medizinischen Verfahren zu Altersschätzung.
Mehrere Unionspolitiker hatten gefordert, das Alter von Flüchtlingen etwa durch ein Röntgenbild des Handgelenks zu überprüfen. Anlass ist der tödliche Messerangriff auf eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel. Tatverdächtig ist ein afghanischer Asylbewerber, an dessen Altersangabe von 15 Jahren Zweifel bestehen.
Nach den Regeln des Strahlenschutzes sei eine Altersfeststellung mittels Röntgen nur im Rahmen eines Strafprozesses zulässig, sagte Ärtzepräsident Montgomery. Im aktuellen Fall dürfe das Alter des Verdächtigen nun zurecht medizinisch untersucht werden.
Der Jugendmediziner Nowotny, der nach eigenen Worten regelmäßig junge Asylbewerber ärztlich betreut, sagte im ZDF, auch mittels Röntgen sei ein Alter nicht konkret zu bestimmen, es könne allenfalls geschätzt werden. Das sogenannte Knochenalter könne vom tatsächlichen Alter eines Menschen mehr als zwei Jahre abweichen.
Nowotny sagte: »Sowohl Deutsche als auch Ausländer bringen ab und zu Menschen um. Das ist furchtbar. Aber man wird das durch solche Untersuchungen nicht verhindern können.« Auch wenn man bei der Ankunft des Afghanen im April 2016 in Deutschland geschätzt hätte, dass er 17 Jahre alt ist, »hätte das jetzt nichts geändert«, sagte er. epd/nd
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