Frech, laut und unverzichtbar

Möwenbestand an der Ostsee wieder gewachsen

  • Martina Rathke, Güstrow
  • Lesedauer: 3 Min.

Mal lästig, wenn sie wieder ein Fischbrötchen klauen, aber als Fotomotiv unverzichtbar: Die Möwen gehören zu den Stränden wie Sand und Wellen. Die Küstenvögel scheinen gute Lebensbedingungen an der Ostseeküste zu haben: Die Bestände von fünf der sechs an den Ostseeküste brütenden Arten seien seit Jahren stabil, sagte der Leiter der AG Küstenvogelschutz MV, Christof Herrmann. Die Brutpaarzahlen der Lachmöwe sind in den vergangenen Jahren an den östlichen Küstengewässern sogar wieder deutlich gestiegen. Zählten die Ornithologen im Jahr 2008 etwa 6500 Brutpaare im Bereich des Oderhaffs und Achterwassers, hat sich der Brutbestand dort aktuell auf etwa 16 400 Paare mehr als verdoppelt. Den Brutbestand an der gesamten Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns schätzen die Ornithologen auf 17 000 Paare.

Vor etwa 40 Jahren lebten rund 65 000 brütende Lachmöwenpaare an den Küsten des Landes. Die Zahlen brachen ab den 1980er Jahren um 75 Prozent ein, wie Herrmann sagte. Die Fachleute vermuten, dass sich das Nahrungsangebot damals stark verschlechterte. Dass der Brutbestand jetzt in den wichtigsten Kolonien am Haff wieder zunehme, sei als natürlicher Erholungseffekt zu werten, sagte Herrmann. Vermutet werde, dass sich die Nahrungsverfügbarkeit vor allem in den Haffgewässern verbessert hat. Zudem sei die Insel Riether Werder seit vielen Jahren frei von Füchsen, Waschbären oder Mardern, die Jagd auf Eier und Küken machten. Dadurch konnte sich hier ab dem Jahr 2006 eine Lachmöwenkolonie herausbilden, die im vergangenen Jahr eine Größe von etwa 10 000 Brutpaaren erreichte.

Ornithologen sorgen durch punktuelle Bejagung von Füchsen und Mardern in den wichtigsten Brutgebieten dafür, dass Möwen und die mit ihnen oftmals zusammenlebenden Seeschwalben möglichst störungsfrei brüten und Jungtiere aufziehen können. »Jedes Jahr im Frühjahr«, sagt Herrmann, »wird auf den wichtigsten Brutinseln wie Langenwerder, Walfisch, Pagenwerder, Kirr, Böhmke und Werder sowie auf dem Riether Werder eine Raubwildjagd durchgeführt.«

Wenn dennoch - mit Ausnahme der Lachmöwe im Oderhaffgebiet - die Möwenbestände nicht weiter anwachsen, hänge mit dem limitierten Nahrungsangebot zusammen, erklärt Herrmann. »Die Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Sommergetreide und Hackfrüchte werden kaum noch angebaut. Auf den heute dominierenden Wintergetreide- und Rapsfeldern finden die Möwen zur Brutzeit keine Insekten oder Regenwürmer.« Zudem gebe es anders als zu DDR-Zeiten keine offenen Müllhalden, auf denen Sturm- oder Silbermöwen damals ausreichend Nahrung fanden.

Silbermöwen sorgen auf Strandpromenaden immer wieder für Ärger, weil sie Urlaubern Fischbrötchen stibitzen und Müllbehälter durchwühlen. Der Bestand ist aber seit etwa 15 Jahren stabil, sagte Herrmann. Etwa 3000 bis 3500 Brutpaare brüten an der gesamten MV-Ostseeküste, überwiegend in einigen großen Kolonien wie auf dem Pagenwerder oder der Barther Oie, aber auch zerstreut auf den Dächern der Küstenstädte. Eine Bejagung würde keine Effekte bringen, weil die Population schnell die Lücken kompensiere. Die betroffenen Seebäder sollten darauf achten, dass die Möwen nicht auf den Fischbrötchenklau konditioniert werden, sagte Herrmann. An vielen Seebrücken des Landes finden sich Schilder wie »Möwen füttern verboten.« dpa/nd

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