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Einigung beim Namensstreit?

Regierungschefs von Mazedonien und Griechenland telefonieren miteinander

  • Elke Windisch, Dubrovnik
  • Lesedauer: 3 Min.

Zoran Zaev, Regierungschef in Mazedonien, nutzte die privaten Neujahrsferien im griechischen Thessaloniki nicht nur für Shopping und Sightseeing. Mehrfach telefonierte er mit Athens Außenminister Nikos Kotzias und mit Amtskollegen Alexis Tsipras. Es ging dabei vor allem um Möglichkeiten für die Beilegung des Namenstreits, der das Verhältnis Athens zu der ehemaligen Teilrepublik Jugoslawiens seit Jahren belastet.

Die Großregion Makedonien, Wiege eines antiken, griechisch geprägten Weltreichs, wurde ab 1913 unter Albanien, Bulgarien, Griechenland und Jugoslawien aufgeteilt. Staatschef Tito wertete die Gebiete nach 1945 zu einer Teilrepublik auf, die sich 1991 unter dem Namen Mazedonien für unabhängig erklärte. Zum Ärger Athens, das die Abspaltung seiner Nordprovinz um die Stadt Thessaloniki fürchtet. Ethnische Slawen stellen auch im griechischen Makedonien die Bevölkerungsmehrheit, teilweise mit bis zu 90 Prozent. Wie im ex-jugoslawischen Mazedonien sprechen sie eine Sprache, die eng mit dem Bulgarischen verwandt ist.

Griechenland wirft Mazedonien vor, seine Geschichte falsch zu interpretieren und griechische Helden der Antike als eigene zu vereinnahmen. Es geht dabei nicht nur um Alexander den Großen, nach dem ein Flughafen in der Hauptstadt Skopje benannt wurde, sondern auch um Justinian, unter dem Byzanz im 6. Jahrhundert n. Chr. seine größte Ausdehnung erreichte. Beide sollen in der der Nähe von Skopje zur Welt gekommen sein.

Athen sorgte daher dafür, dass Mazedonien der UNO und deren Organisationen unter dem Namen FYROM beitreten musste. Das Kürzel steht für Former Yugoslav Republic of Macedonia - ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien. Vor allem aber blockiert ein griechisches Veto seit Jahren sowohl den NATO-Beitritt Mazedoniens als auch die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union. Bulgarien schloss sich der Blockade 2012 an. Der damalige mazedonische Ministerpräsident Nikola Gruevski suchte daraufhin den Schulterschluss mit Russland und verklagte Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof in Strasbourg.

Seit letztem Sommer regiert in Skopje jedoch wieder eine pro-westliche Koalition um den Sozialdemokraten Zoran Zaev. Seither gibt es auch zaghafte Bewegung im Namensstreit. Griechenland sei »ein guter Freund« lobte Zaev Amtsbruder Tsipras. Dessen Wille zu einer einvernehmlichen Lösung sei klar erkennbar, diese könnte im Juli stehen. Genau dann endet auch die bulgarische EU-Präsidentschaft. Sofia sieht seine Hauptaufgabe darin, die europäische und transatlantische Integration der Westbalkan-Staaten voranzutreiben.

Es wäre die zweite außenpolitische Niederlage für Russland in nur gut einem Jahr: Im Juni 2017 trat Montenegro NATO-Mitglied. Kampflos dürfte Moskau sich auch aus Mazedonien nicht zurückziehen. Zaevs Koalition steht und fällt mit den beiden Parteien der albanischen Minderheit und ist daher extrem instabil.

Ein Kompromiss könnte jedoch auch an Tsipras’ Juniorpartner ANEL scheitern, der für das Jugoslawien-Spaltprodukt einen Namen ohne das Wort Mazedonien fordert. Skopje dagegen tendiert eher zu Neu-Mazedonien und will darüber per Referendum abstimmen lassen.

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