Wohnungsbaupläne in Karlshorst polarisieren weiter

Auch nach fünf Treffen eines Runden Tisches kann die HOWOGE die Anwohner von ihrem Projekt Ilsehöfe nicht überzeugen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Runder Tisch verständigt sich auf HOWOGE-Planung«, so überschreibt die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ihre Pressemitteilung zum Abschluss der Konsultationen im Lichtenberger Ortsteil Karlshorst. »Mit der Kompromissvariante der HOWOGE zur Bebauung von zwei Höfen in Verbindung mit den Ideen aus dem ›Wiesenpark‹ können wir gemeinsam das Beste aus beiden Interessenslagen verbinden«, erklärt Stefanie Frensch, Geschäftsführerin des Wohnungsunternehmens, dazu.

Man könnte fast meinen, dass der seit knapp anderthalb Jahren andauernde Streit über die Nachverdichtungspläne an der Ilsestraße nun beigelegt sei. Doch auch nach der fünften und letzten Sitzung des Runden Tisches gibt es zwischen der Bürgerinitiative »Rettet den Ilse-Kiez« und der HOWOGE keinen Konsens.

Drei große Innenhöfe prägen derzeit das Wohngebiet am Rande von Kleingärten. Die Anwohner wollen einen Erhalt. Auch das Bezirksamt Lichtenberg äußerte sich bisher in dieser Richtung. »Wir wollen den Charakter der Wohnanlage Ilsestraße bewahren und dazu die vorhandenen Innenhöfe sichern sowie das Maß der Bebauung wirksam beschränken«, erklärte im Oktober 2016 der damalige Stadtentwicklungsstadtrat Wilfried Nünthel (CDU) beim Start des Bebauungsplanverfahrens.

Davon ist auch die Bürgerinitiative nicht abgerückt. Am Mittwoch stimmte die Mehrheit der Teilnehmer des Runden Tisches nur dem Kompromissvorschlag des Wohnungsunternehmens zu, einen von drei Höfen nicht zu bebauen. Allerdings wurde der Gesamtentwurf zunächst abgelehnt, in einer weiteren Abstimmung mit minimalen Änderungen gab es eine Mehrheit. »Es ist sehr, sehr abwegig, in diesem mit Grünflächen unterversorgten Gebiet Karlshorst-West auch noch die Höfe zuzubauen«, sagt Gerd Scheibe von der Initiative.

»Wenn die HOWOGE anführt, die TeilnehmerInnen stimmten mehrheitlich für die Empfehlung an das Stadtplanungsamt, ihren Vorschlägen zu folgen, so verschweigt sie, dass die Vergrößerung zweier Abstände lediglich eine winzige Änderung des Gesamtentwurfs ist, den eine Mehrheit der TeilnehmerInnen in einer vorangegangenen Abstimmung ablehnte«, erklären auch die Vorsitzenden der Lichtenberger Linksfraktion, Kerstin Zimmer und Norman Wolf.

187 Wohnungen sollen nach den angepassten Plänen der Wohnungsbaugesellschaft in zwei Innenhöfen entstehen. Mit dem »Wiesenpark« hat sie Anregungen der Bürger aufgenommen, die Fläche des verbliebenen Hofs attraktiv zu gestalten. Die Bürgerinitiative hatte dagegen vorgeschlagen, mit einer Randbebauung und der Nutzung von Dachflächen in der Siedlung 134 Wohneinheiten zu schaffen. Beraten wurde sie dabei von der »Initiative ARGE Innovative Dachaufstockung«, deren Konzept bereits von Berliner Wohnungsgenossenschaften realisiert wurde.

Ob die jetzige Stadtentwicklungsstadträtin Birgit Monteiro (SPD) bei der Erarbeitung des Bebauungsplans den HOWOGE-Plänen überhaupt entgegenkommen darf, ist fraglich. »Nicht weiter bebaubar« seien die vorhandenen Freiflächen nach Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, heißt es in einem im Oktober 2017 für das Umwelt- und Naturschutzamt angefertigten Rechtsgutachten, das »nd« vorliegt. Demnach ist eine Genehmigung nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches praktisch ausgeschlossen. Zwar könne ein Bebauungsplan eine zukünftige Bebauung solcher Grünflächen festsetzen, heißt es weiter, allerdings »haben die Freihaltebelange erhebliches Gewicht, weil die Fläche im planungsrechtlichen Ausgangszustand nicht bebaubar ist« und bei Errichtung der vorhandenen Bebauung bewusst als Frei- und Erholungsfläche vorgesehen wurde.

Obwohl »nicht mal ein Minimalkonsens« erzielt wurde, lobt Gerd Scheibe von der Initiative das Verfahren an sich. »Etwas demokratischer« hätte der Runde Tisch besetzt sein können, findet er. Außerdem sollten seiner Meinung nach auch die Bürger künftig die Möglichkeit haben, Architekten und Ingenieure zu konsultieren. »Wir sind ja keine Meckerköppe. Wir wollen uns konstruktiv einbringen«, sagt Scheibe.

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